Gesetz
vom 3. October 1861,
in Betreff der Unverletzlichkeit und Unverantwortlichkeit der Mitglieder des Reichsrathes und der Landtage.

(R.G.Bl. 98/1861)

wirksam für das Königreich Böhmen, das lombardisch-venetianische Königreich, das Königreich Dalmatien, das Königreich Galizien und Lodomerien mit den Herzogthümern Auschwitz und Zator und dem Großherzogthume Krakau, das Erzherzogthum Oesterreich unter der Enns, das Erzherzogthum Oesterreich ob der Enns, das Herzogtum Salzburg, das Herzogthum Steiermark, das Herzogthum Kärnthen, das Herzogthum Krain, das Herzogthum Bukowina, die Markgrafschaft Mähren, das Herzogthum Ober- und Nieder-Schlesien, die gefürstete Graftschaft Tirol und Vorarlberg, die Markgrafschaft Jstrien sammt der gefürsteten Grafschaft Görz und Gradiska und der Stadt Triest mit ihrem Gebiete.

Mit Zustimmung der beiden Häuser Meines Reichsrathes finde Ich anzuordnen, wie folgt.

§ 1. Die Mitglieder des Reichsrathes und der Landtage können wegen der in Ausübung ihres Berufes geschehenen Abstimmungen niemals; wegen der in diesem Berufe gemachten Aeußerungen aber nur von dem Hause, dem sie angehören, zur Verantwortung gezogen werden.

§ 2. Kein Mitglied des Reichsrathes oder der Landtage darf während der Dauer der Session wegen einer strafbaren Handlung - den Fall der Ergreifung auf firscher That ausgenommen - ohne Zustimmung des Hauses verhaftet oder gerichtlich verfolgt werden.

Selbst im falle der Ergreifung auf frischer That hat das Gericht dem Präsidenten des Hauses sogleich die geschehene Verhaftung bekannt zu geben.

Wenn es das Haus verlangt, muß der Verhaft aufgehoben, oder die Verfolgung für die ganze Sitzungsperiode aufgeschoben werden.

Dasselbe Recht hat das Haus in Betreff einer Verhaftung oder Untersuchung, welche über ein Mitglied desselben außerhalb der Sitzungsperiode verhängt worden ist.

    Der Leiter Meines Justizministeriums ist mit der Durchführung dieses Gesetzes beauftragt.

    Wien, am 3. October 1861

Franz Joseph

Erzherzog Rainer

Lasser

Auf Allerhöchste Anordnung
Freih. von Ransonnet

Das vorstehende Gesetz war das Immunitäts- und Idemnitätsgesetz Österreichs für die Reichsrats- wie für die Landtagsmitglieder.

Es galt in Österreich bis zur Ersetzung der Bestimmungen durch Artikel 6 des Gesetzes vom 14. März 1919 über die Volksvertretung (Teil der provisorischen Verfassung Österreichs von 1919).
 


Quellen: Staatsgrundgesetze der österreichischen Monarchie, 3. Auflage 1868, k.k. Hof- und Staatsdruckerei
© 28. November  2002
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