Landesverfassungsgesetz
vom 27. Februar 1934
betreffend die Abänderung des Gesetzes vom 17. Juni 1930, über die Verfassung des Landes Oberösterreich, L. G. Bl. Nr. 38
(Landes-Verfassungsgesetznovelle 1934).

geändert durch
(Bundes-)Verfassung 1934 vom 1. Mai 1934 (BGBl II Nr. 1 S. 1)
(Bundes-)Verfassungsgesetz betr. den Übergang zur ständischen Verfassung (Verfassungsübergangsgesetz 1934) vom 19. Juni 1934 (BGBl II Nr. 75 S. 151)
beide mit Wirkung vom 1. November 1934
Verordnung betr. die Geschäftsordnung des oberösterreichischen Landtages und die Abänderung einiger Bestimmungen der Landesverfassung vom 29. Oktober 1934 (LGBl. Nr. 68 S. 203)

aufgehoben durch
Artikel II § 29 Abs. 4 des (Bundes-)Verfassungsgesetzes betr. den Übergang zur ständischen Verfassung (Verfassungsübergangsgesetz 1934) vom 19. Juni 1934 (BGBl II Nr. 75 S. 151)
mit Wirkung vom 1. November 1934
 

Der oberösterreichische Landtag hat beschlossen::

Artikel 1.  1. Bis zum Inkrafttreten der neuen Bundesverfassung ermächtigt der Landtag die Landesregierung, alle dem Landtage zustehenden Befugnisse, insbesondere die Befugnis zur Gesetzgebung auszuüben.

2. Soweit die Landesregierung von der Befugnis, Gesetze zu erlassen, Gebrauch macht, sind diese Gesetzesbestimmungen unter Berufung auf dieses Verfassungsgesetz durch Verordnung der Landesregierung zu erlassen.

3. Zu einem Beschluß auf Erlassung einer solchen Verordnung ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Mitglieder der Landesregierung und die unbedingte Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich.

4. Die dem Bunde nach dem Bundes-Verfassungsgesetz und Finanzverfassungsgesetz gegenüber Gesetzesbeschlüssen des Landtages zustehenden Befugnisse werden durch dieses Verfassungsgesetz nicht berührt. Die Bestimmungen des Bundes-Verfassungsgesetzes und des Finanzverfassungsgesetzes über diese Befugnisse sind auf die dem zuständigen Bundesministerium vor der Kundmachung bekanntzugebenden Verordnungen sinngemäß anzuwenden.

5. Die dem Landtage zustehenden Wahlen können von der Landesregierung durch Ernennungen ersetzt werden.

Artikel II. 1. Die Landesregierung besteht aus dem Landeshauptmann, zwei gewählten und höchstens fünf ernannten Mitgliedern.

2. Der Landeshauptmann wird vom Landtag mit absoluter Stimmenmehrheit gewählt.

3. Zwei Mitglieder der Landesregierung werden vom Landtag in einem eigenen Wahlgang, gleichfalls mit absoluter Stimmenmehrheit gewählt. Kommt im ersten Wahlgang für einen Wahlvorschlag die absolute Mehrheit nicht zustande, so ist die engere Wahl vorzunehmen; in diesem Falle entscheidet die relative Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Dieses Verfahren ist solange fortzusetzen, bis diese zwei Mitglieder der Landesregierung gewählt sind.

4. Die übrigen Mitglieder der Landesregierung werden vom Landeshauptmann nach freiem Ermessen ernannt, wobei nach Tunlichkeit mit den Organisationen der größten Ständegruppen sowie der vaterlandstreuen Bevölkerungskreise im Lande Oberösterreich Fühlung zu nehmen ist.

Artikel III. 1. Die Funktionsperiode der Landesregierung dauert längstens bis zu dem nach der neuen Bundesverfassung möglichen Zeitpunkt.

2. Die ernannten Mitglieder der Landesregierung können während dieser Zeit vom Landeshauptmann abberufen werden.

3. Auf die Bestellung einzelner Mitglieder der Landesregierung finden die Bestimmungen des Artikels II dieses Verfassungsgesetzes sinngemäß Anwendung.

Artikel IV. 1. Als Tag des Amtsantrittes des Landeshauptmannes und der zwei vom Landtage gewählten Mitglieder der Landesregierung gilt der Tag der vor dem Landtage geleisteten Angelobung.

2. Als Tag des Amtsantrittes der übrigen Mitglieder der Landesregierung gilt der Tag der dem Landeshauptmann geleisteten Angelobung.

Artikel V. 1. Die Funktionsperiode der gegenwärtigen Landesregierung endet mit Ablauf des 28. Februar 1934; die Landesregierung führt jedoch die Geschäfte fort, bis der neue Landeshauptmann und die zwei Mitglieder der Landesregierung gewählt sind und die Angelobung vor dem Landtage geleistet haben.

2. Bis zur Angelobung der zum erstenmal ernannten Mitglieder der Landesregierung gelten der Landeshauptmann und die zwei vom Landtage gewählten Mitglieder der Landesregierung als Landesregierung im Sinne des Landes-Verfassungsgesetzes.

Artikel VI. Dieses Verfassungsgesetz tritt mit dem Tage der Kundmachung in Wirksamkeit.

kundgemacht am 28. Februar 1934

Der Landeshauptmann:
i. V.
Mayrhofer.

Faktisch war dieses Gesetz eine Aufhebung der Landesverfassung von 1930; der Austro-Faschismus, der durch die bisherige Regierungspartei in Oberösterreich, die Christlich-Sozialen, infolge der sog. "Selbstausschaltung" des Nationalrats eingeführt wurde, war praktisch eine Einparteiendiktatur. Infolge der verfassungswidrigen Bundesmaßnahmen war die SPÖ verboten worden und nur so war es dem oberösterreichischen Landtage möglich, das vorstehende Gesetz (verfassungswidriger Weise) als Landesverfassungsgesetz zu verabschieden. Deshalb wurde das Gesetz unmittelbar nach der Wiedererrichtung der Republik Österreich nicht wieder in das Verfassungsrecht des Landes Oberösterreich übernommen.


Quellen:  Landesgesetzblatt für das Land Oberösterreich Jg. 1933 Nr. 14 Seite 63
© 22. Mai 2008 - 31. Mai 2008


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