Verordnung der oberösterreichischen Landesregierung
vom 29. Oktober 1934
betreffend die Geschäftsordnung des oberösterreichischen Landtages und die Abänderung einiger Bestimmungen der Landesverfassung.

aufgehoben durch
Erlaß über die Einführung deutscher Reichsgesetze in Österreich vom 13. März 1938 (dRGBl. I. S. 245)
(mit Wirkung vom 13. März 1938)
bzw. durch das
Verfassungs-Überleitungsgesetz vom 1. Mai 1945 (StGBl. Nr. 4/1945).
(mit Wirkung vom 19. Dezember 1945)
 

Auf Grund des Artikels I des Landesverfassungsgesetzes vom 27. Feber 1934, L. G. Bl. Nr. 17 (Landes-Verfassungsgesetznovelle 1934), hat die oberösterreichische Landesregierung beschlossen:

§ 1.  (1) Der Landeshauptmann beruft innerhalb 4 Wochen nach Ablauf der für die Berufung der Mitglieder des Landtages festgesetzte Frist den neuen Landtag ein.

(2) Bis zur erfolgten und bestätigten Wahl des Landtagspräsidenten führt der Landeshauptmann den Vorsitz.

(3) Die Einberufung zu den Sitzungen des Landtages erfolgt weiterhin durch den Präsidenten, der auch den Vorsitz führt. Die Einberufung zu den Sitzungen des Landtages und der Ausschüsse hat im Einvernehmen mit dem Landeshauptmann zu erfolgen.

(4) Jedes Mitglied des Landtages erhält vom Landeshauptmann eine Bescheinigung, welche ihn zum Eintritt in den Landtag berechtigt.

§ 2. (1) Der Landtag wählt aus seiner Mitte den Präsidenten und zwei Vizepräsidenten (Artikel 108, Absatz 5, der Verfassung 1934). Die Wahl erfolgt mittels Stimmzettel, sofern nicht über Anregung des Vorsitzenden und einfachen Beschluß des Landtages die Wahl durch Zuruf erfolgt. Gewählt ist, wer mindestens mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen erhalten hat. Kommt in einem dieser Wahlgänge diese Stimmenmehrheit nicht zustande, so findet eine engere Wahl statt, bei der sich die Wählenden auf die zwei Mitglieder des Landtages zu beschränken haben, die die meisten Stimmen erhalten haben. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Los. Die Wahlen bedürfen der Bestätigung durch den Landeshauptmann. Die Vizepräsidenten sind zur Unterstützung des Präsidenten in der Leitung der Verhandlungen des Landtages berufen.

(2) Der Präsident wird im Falle seiner Verhinderung durch die Vizepräsidenten nach ihrer Reihung vertreten. Im Falle der Verhinderung des Präsidenten und seiner Stellvertreter besorgt auf die Dauer der Verhinderung das an Jahren älteste Mitglied des Landtages die Geschäfte des Präsidenten. Aus diesem Anlasse kommen einem solchen Mitgliede des Landtages besondere Amtsgebühren nicht zu.

(3) Der Präsident bestellt aus den übrigen Mitgliedern des Landtages drei Schriftführer und drei Ordner; die Schriftführer wechseln in ihrem Amte nach der Weisung des Präsidenten.

§ 3. (1) Der Landtagspräsident hat den Landtag innerhalb der von der Landesregierung bestimmten Frist zu einer Sitzung einzuberufen.

(2) Nach Beendigung der Tätigkeit des nach den Bestimmungen des Verfassungs-Übergangsgesetzes 1934 gebildeten Landtages sind alle noch anhängigen Gesetzentwürfe, Gutachten und Anträge als nicht eingebracht und abgegeben anzusehen und bei der Landeshauptmannschaft zu hinterlegen.

§ 4. Bei Beginn der Tätigkeit des nach den Bestimmungen des Verfassungs-Übergangsgesetzes 1934 gebildeten Landtages bestimmt der Landeshauptmann die drei jüngsten anwesenden Mitglieder des Landtages zu vorläufigen Schriftführern.

§ 5. (1) Die Mitglieder des Landtages haben bei ihrem Eintritte in den Landtag über Aufforderung des Vorsitzenden unverbrüchliche Treue dem Lande Oberösterreich und dem Bundesstaat Österreich, stete und volle Beobachtung der Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten zu beschwören.

(2) Der Vorsitzende verliest zu diesem Zwecke nachstehende Eidesformel:
    "Ich schwöre vor Gott dem Allmächtigen: Treue dem Vaterlande Österreich und dem Heimatlande Oberösterreich, unverbrüchliche Beachtung der Verfassungsgesetze sowie aller anderen Gesetze und gewissenhafte Pflichterfüllung. So wahr mir Gott helfe!"

Hierauf wird jedes Mitglied des Landtages mit Namen aufgerufen, worauf es von seinem Platze aus stehend und mit erhobenen Schwurfingern die Worte zu sprechen hat: "Ich schwöre."

§ 6. (1) Die Beratungen des Landtages werden öffentlich abgehalten, ebenso werden die Beschlüsse des Landtages öffentlich gefaßt; die Öffentlichkeit wird ausgeschlossen, wenn es der Vorsitzende oder wenigstens ein Drittel der anwesenden Mitglieder des Landtages verlangt und es der Landtag nach Entfernung der Zuhörer beschließt.

(2) Die Sitzungen des Landtages, die nur der Begutachtung von Gesetzesentwürfen dienen, und die Sitzungen der Ausschüsse werden nicht öffentlich abgehalten.

(3) Die Verhandlungssprache ist die deutsche.

§ 7. (1) Die Zuhörer haben sich jeder Äußerung zu enthalten. Wenn sich dieselben herausnehmen sollten, die Beratungen in irgend einer Weise zu stören oder gar die Freiheit derselben zu beirren, so ist der Vorsitzende berechtigt und verpflichtet, nach vorausgegangener fruchtloser Mahnung zur Ordnung die Zuhörer aus dem Sitzungssaal entfernen zu lassen.

(2) Diese Maßnahme hat sich auf die Pressevertreter in der Regel nicht zu erstrecken. Ein Pressevertreter ist nur dann zu entfernen, wenn er selbst den im ersten Absatz dieses Paragraphen bezeichneten Tatbestand gesetzt hat.

(3) Nach Entfernung der Zuhörer wird die Sitzung fortgesetzt und der Eintritt von Zuhörern in die Sitzungen nicht mehr gestattet.

(4) Zum Eintritt in den Pressevertreterraum ist die Bewilligung des Landeshauptmannes erforderlich, welche jederzeit wieder zurückgezogen werden kann.

§ 8. (1) Das Sitzungsgeld für die Landtagsmitglieder und die Entschädigung des Präsidenten und der zwei Vizepräsidenten des Landtages werden durch ein Landesgesetz geregelt.

(2) Die Mitglieder des Landtages dürfen auf diese Bezüge nicht verzichten.

§ 9. Der Präsident und die beiden Vizepräsidenten bilden das Präsidium des Landtages; das Präsidium, die drei Schriftführer und Ordner bilden in ihrer Gesamtheit das Amt des Landtages. Die Geschäfte dieses Amtes werden durch Angestellte der Landeshauptmannschaft besorgt; die Angestellten weist der Landeshauptmann zu, von denen ein rechtskundiger Beamter mit der Leitung des inneren Dienstes dieses Amtes betraut wird.

§ 10. (1) Der Vorsitzende eröffnet und schließt die Sitzungen, wacht über die Würde und Rechte des Hauses sowie über die Beobachtung der Geschäftsordnung, leitet die Verhandlungen, erteilt das Wort, nimmt Vorschläge zur Geschäftsbehandlung und Anträge entgegen, stellt die Fragen zur Abstimmung und verkündet das Ergebnis der Abstimmung. Er überwacht die Geschäftsführung des Amtes und der Kanzlei des Landtages und die Ordnung im Hause; er hat das Recht, die Sitzung zu unterbrechen oder aufzuheben und Ruhestörer, im äußersten Falle alle Zuhörer, aus dem Zuhörerraume entfernen zu lassen.

(2) Der Präsident hat das Recht, alle an den Landtag gelangenden Eingaben zu öffnen; handelt es sich nicht um eine Vorlage der Landesregierung, so sind die betreffenden Schriftstücke unverzüglich dem Landeshauptmann zu übermitteln.

§ 11. Ein Schriftführer kann während einer Gesetzgebungszeit eine Wiederbestellung ablehnen. Die Schriftführer unterstützen den Vorsitzenden bei der Mitteilung des Einlaufes und bei der Ermittlung der Abstimmungs- und Wahlergebnisse und veranlassen nach Weisung des Vorsitzenden die Ausfertigungen, die infolge der gefaßten Beschlüsse notwendig werden.

§ 12. Den Ordnern obliegt die Handhabung der Hausordnung, die vom Amte des Hauses festgelegt wird.

§ 13. Die Besorgung der gesamten Kanzleigeschäfte des Landtages, die Drucklegung oder sonstige Vervielfältigung der Ausschußberichte und Anträge, die Aufsicht über das Kurzschriftamt sowie die Geschäftsübergabe an die Landesregierung erfolgt unter Aufsicht des Präsidenten durch das Amt des Landtages.

§ 14. (1) Die Mitglieder des Landtages sind verpflichtet, den Sitzungen, zu denen sie schriftlich oder mündlich geladen waren, beizuwohnen und an den Verhandlungen und Arbeiten des Landtages teilzunehmen. Im Verhinderungsfalle haben sie sich unter Angabe der Gründe zu entschuldigen.

(2) Vor Beginn der Sitzung haben die Mitglieder des Landtages ihren Namen in die aufliegende Anwesenheitsliste persönlich einzutragen. Mitglieder, die nach Eröffnung der Sitzung kommen, haben beim Schriftführer ihren Namen in die Liste einzutragen. Am Schlusse der Sitzung haben die Mitglieder ihre Anwesenheit durch ihre Unterschrift zu beglaubigen.

(3) Der Vorsitzende kann auch während der Sitzung die Namen der Anwesenden feststellen lassen.

§ 15. (1) Urlaube bis zur Dauer von vier Wochen erteilt der Präsident.

(2) Urlaube von längerer Dauer kann nur der Landtag erteilen.

(3) Außer dem Falle der Erteilung eines Urlaubes kann die Abwesenheit durch Krankheit sowie durch schwere Erkrankung oder Tod eines Familienmitgliedes oder aus einem vom Präsidenten als stichhältig anerkannten Grunde entschuldigt werden.

(4) Mitglieder, die bei der Sitzung unentschuldigt fernbleiben oder am Schlusse der Sitzung oder während eines Namensaufrufes unentschuldigt fehlen, verlieren den Anspruch auf das Sitzungsgeld.

(5) Jede Entschuldigung ist dem Vorsitzenden zur Kenntnis zu bringen und in der Verhandlungsschrift zu verzeichnen.

§ 16. (1) Die einzelnen Beratungsgegenstände gelangen nur als Vorlagen der Landesregierung an den Landtag.

(2) Entwürfe von Gesetzen im materiellen Sinn werden von der Landesregierung durch den Landeshauptmann dem Landtage zur Begutachtung, unveränderten Annahme oder Ablehnung, alle übrigen Vorlagen zur Beratung und freien Beschlußfassung übermittelt.

§ 17. (1) Der Landtag ist verpflichtet, innerhalb der von der Landesregierung bestimmten Frist Gutachten zu den Gesetzesentwürfen zu erstatten und der Landesregierung mitzuteilen. Bei der Begutachtung äußert sich der Landtag je nach dem Gegenstande der Vorlange dahin, ob der Entwurf den Anforderungen der Landeshoheit, des Gemeinwohles und einer zweckmäßigen Gesetzesvollziehung entspricht und die vorgeschlagene Regelung des betreffenden Gegenstandes den kulturellen und wirtschaftlichen Belangen des Landes dient.

(2) Nach Einlangen der Gutachten oder Ablauf der gesetzten Fristen kann die Landesregierung ihre Gesetzesvorlage im Landtag einbringen; sie bestimmt hiebei eine Frist für die Beschlußfassung. Wenn der Landtag nicht innerhalb dieser Frist Beschluß faßt, so kann der Landeshauptmann unter seiner Verantwortung die in der Vorlage enthaltenen Bestimmungen durch Verordnung in Kraft setzen. Die Bestimmungen des Artikels 111 der Verfassung 1934 sind sinngemäß anzuwenden.

(3) Im Landtage wird die Vorlage durch einen Berichterstatter erläutern und begründet. Der Berichterstatter wird vom zuständigen Ausschusse des Landtages aus dem Kreise der Ausschußmitglieder bestimmt, für die die Gesetzesvorlage von besonderer Bedeutung ist. Ein Gegenbericht eines Viertels der Mitglieder des Landtages ist zulässig. Die betreffenden Mitglieder des Landtages haben sich auf einen Hauptredner zu einigen, widrigenfalls der Gegenredner aus der Zahl der betreffenden Mitglieder vom Vorsitzenden bestimmt wird.

(4) Eine weitere Verhandlung der Gesetzesvorlage findet nicht statt. Der Landtag beschließt durch Abstimmung entweder die unveränderte Annahme der Vorlage oder ihre Ablehnung.

(5) Die Landesregierung kann vor der Abstimmung jederzeit ihre Vorlage zurückziehen oder Abänderungen der Vorlage vornehmen, die nach ihrer Auffassung das Wesen der Vorlage nicht berühren. Das Zurückziehen oder die Abänderung der Vorlage ist vom Landeshauptmanne oder von dem Mitglied der Landesregierung anzumelden, in dessen Wirkungsbereich der Hauptgegenstand der Vorlage fällt. Der Vorsitzende hat bei erfolgter Anmeldung einer Abänderung der Vorlage diese Vorlage von der Tagesordnung abzusetzen, es sei denn, daß die Landesregierung noch während der Sitzung des Landtages über die Abänderung der Vorlage einen Beschluß faßt und diesen Beschluß dem Vorsitzenden rechtzeitig bekannt gibt. Daraufhin wird vom Vorsitzenden nach Erledigung des in Behandlung stehenden Punktes der Tagesordnung die Abstimmung über die geänderte Gesetzesvorlage eingeleitet. (Art. 109 der Verfassung 1934)

§ 18.

§ 19.

§ 20.

§ 21.

§ 22.

§ 23.

§ 24.

§ 25. (1) Die Mitglieder der Landesregierung sind berechtigt, persönlich oder durch Vertreter an allen Sitzungen des Landtages und seiner Ausschüsse teilzunehmen. Sie müssen ohne Rücksicht auf dagegenstehende Bestimmungen dieser Geschäftsordnung auf ihr Verlangen jedesmal gehört werden. Der Landtag und dessen Ausschüsse können die Anwesenheit der Mitglieder der Landesregierung verlangen.

(2) Der Regierungsdirektor ist berechtigt, bei allen Sitzungen des Landtages anwesend zu sein.

(3) Der Landeshauptmann ist befugt, Mitglieder der Landesregierung, Beamte der Landeshauptmannschaft oder Vertreter von anderen Behörden zur Erteilung von Aufklärungen und Auskünften in die Sitzung der Ausschüsse zu entsenden.

(4) Den Sitzungen jedes Ausschusses können auch Mitlgieder des Landtages, die dem Ausschusse nicht angehören, als Zuhörer beiwohnen. Doch kann jeder Ausschuß, unbeschadet der Bestimmungen des Absatzes 1, seine Sitzungen für geheim erklären.

§ 26.

§ 27.

§ 28.

§ 29.

§ 30.

§ 31.

§ 32.

§ 33.

§ 34.

§ 35.

§ 36.

§ 37.

§ 38.

§ 39. Der Vorsitzende wacht darüber, daß die Verhandlung würdig und mit Vermeidung jedes unnötigen Aufschubes durchgeführt werden. In Erfüllung dieser Pflicht hat der Vorsitzende jederzeit, auch während der Rede eines Mitgliedes des Landtages, das Recht, das Wort zu ergreifen. Sobald der Vorsitzende das Glockenzeichen gibt oder zu sprechen anfängt, hat das Mitglied des Landtages seine Rede zu unterbrechen, bis der Vorsitzende seine Ausführungen beendet hat.

(2) Mitglieder des Landtages, die vom Gegenstande der Verhandlung abschweifen, hat der Vorsitzende "zur Sache" zu rufen. Nach dreimaligem Rufe "zur Sache" kann der Vorsitzende dem Redner das Wort entziehen.

(3) Jede Störung des Geschäftsganges sowie jede Verletzung von Sitte und Anstand hat der Vorsitzende durch den Ruf "zur Ordnung" zu rügen. Bleibt der Ordnungsruf wirkungslos oder widersetzt sich ein Mitglied des Landtages den Anordnungen des Vorsitzenden, so kann es von den Sitzungen ausgeschlossen werden, womit auch der Verlust des Sitzungsgeldes verbunden ist.

(4) Bildet ein solches Verhalten eine Rechtsverletzung, die Gegenstand amtswegiger Verfolgung sein kann, so ist die behördliche Verfolgung nicht ausgeschlossen Art. 71, Absatz 5, Verfassung 1934.)

(5) Kann das Verhalten den Gegenstand einer Privatklage bilden, so ist auch diese zulässig, es sei denn, daß der in Betracht kommende Privatankläger selbst Mitglied des Landtages ist. In diesem Falle kann die Klage nur beim Ordnungsausschusse erhoben werden (Art. 71, Abs. 6, Verfassung 1934).

(6) Jedes Mitglied des Landtages kann vom Vorsitzenden den Ruf "zur Ordnung" verlangen.

(7) Falls ein Mitglied des Landtages Anlaß zu einem Ordnungsrufe gegeben hat, kann dieser vom Vorsitzenden auch am Schlusse derselben oder zu Beginn der nächsten Sitzung ausgesprochen werden.

§ 40. (1) Der Präsident, die zwei Vizepräsidenten und zwei vom Präsidenten in der ersten Sitzung des Landtages bestimmte Mitglieder des Landtages bilden den Ordnungsausschuß.

(2) Den Vorsitz im Ordnungsausschuß führt der Präsident des Landtages, in seiner Vertretung einer der beiden Vizepräsidenten. Der Präsident bestellt eines der beiden übrigen Mitglieder des Ordnungsausschusses zum Schriftführer.

(3) Der Ordnungsausschuß hat
a) über Klagen im Sinne des § 39, Absatz 5, der Geschäftsordnung zu entscheiden;
b) bei wiederholten gröblichen Verstößen gegen Ordnung, Sitte oder Anstand den Verlust der Mitgliedschaft auszusprechen; hievon ist sofort der Landeshauptmann in Kenntnis zu setzen.

(4) Zur Erhebung der Klage nach § 39, Absatz 5, der Geschäftsordnung, ist jeder Beteiligte berechtigt; in anderen Fällen der Vorsitzende, unter dessen Vorsitz sich die Zuchtwidrigkeit ereignet hat, aber auch der Präsident des Landtages.

(5) Wird bei Klagen im Sinne des § 39, Absatz 5, der Geschäftsordnung der Beklagte schuldig befunden, so ist er zu einer Entschuldigung entweder vor dem Ordnungsausschuß oder vor dem Landtage oder dessen Ausschusse, bei dessen Sitzung der Vorfall sich ereignet hat, zu verhalten.

(6) Der Verlust der Mitgliedschaft wird ausgesprochen:
a) wenn ein von der Sitzung ausgeschlossenes Mitglied trotz zweimaliger Aufforderung des Vorsitzenden die Sitzung nicht verläßt;
b) wenn ein Mitglied wiederholt von Sitzungen ausgeschlossen wurde;
c) nach wiederholt erhaltenem Ordnungsruf wegen Beleidigung des Vorsitzenden oder eines Mitgliedes der Regierung oder wegen Widersetzlichkeit gegen die Anordnungen des Vorsitzenden;
d) nach einer gröblichen Beleidigung eines Mitgliedes der Regierung oder des Landtages;
e) wenn sich ein Mitglied im Sinne des Absatzes 3, Buchstabe a, dieses Paragraphen getroffenen Entscheidung des Ordnungsausschusses nicht fügt.

§ 41. (1) Der Vorsitzende läßt nach beendeter Verhandlung über die gestellten Anträge abstimmen.

(2) Nach der allgemeinen Wechselrede wird nur abgestimmt, wenn ein Antrag auf Übergang zur Tagesordnung, auf Vertagung oder Rückweisung an den Ausschuß oder die Landesregierung vorliegt.

§ 42. (1) Zur Beschlußfassung im Landtage ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der Anzahl der Mitglieder und zur Gültigkeit eines Beschlusses die absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich.

(2) Der Vorsitzende beteiligt sich, außer bei Wahlen, nicht an der Abstimmung.

(3) Bei Stimmengleichheit gilt der beratene Antrag als abgelehnt.

(4) Zu einem Beschlusse über eine beantragte Änderung der Landesverfassung ist die Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages und die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Anwesenden nötig.

§ 43.

§ 44.

§ 45.

§ 46.

§ 47.

§ 48. (1) Die Verhandlungen der Sitzungen sind ihrem ganzen Umfange nach kurzschriftlich aufzunehmen. Die Berichte über öffentliche Sitzungen sind in Druck zu legen, an die Mitglieder des Landtages und der Landesregierung zu verteilen und durch den Landeshauptmann dem allgemeinen Bezuge zugänglich zu machen. Über die nicht öffentlichen Sitzungen wird ein amtlicher Bericht ausgegeben, der vom Landeshauptmann und vom Präsidenten zu zeichnen ist.

(2) Die in gewöhnliche Schrift übertragenen kurzschriftlichen Berichte liegen während der nächsten Sitzung zur Einsicht auf und werden am Schlusse der Sitzung, wenn keine Einwendung erfolgt ist, vom Vorsitzenden für genehmigt erklärt. Die in gewöhnlicher Schrift übertragenen Berichte sind vom Vorsitzenden und dem Schriftführer zu unterzeichnen.

(3) Bedenken gegen die Fassung oder den Inhalt der Verhandlungsschriften sind dem Vorsitzenden mitzuteilen; dieser nimmt, wenn er sie begründet findet, die Berichtigung vor. Verweigert der Vorsitzende die geforderte Berichtigung, so kann das betreffende Mitglied in der Vollziehung die Berichtigung beantragen. In diesem Falle ist die beanständete Stelle sowie die beantragte Änderung zu verlesen; über den Antrag beschließt der Landtag ohne Wechselrede.

(4) Die Verhandlungsniederschrift über die letzte Sitzung der Gesetzgebungszeit wird durch die Landesregierung berichtigt.

(5) Wahrheitsgetreue Berichte über die Verhandlungen in den öffentlichen Sitzungen des Landtagen bleiben von jeder Verantwortung frei, wenn sie mit dem amtlichen kurzschriftlichen Berichte übereinstimmen. Die Wiederveröffentlichung des durch behördlichen Spruch als strafbar bezeichneten Inhaltes eines beschlagnahmten oder für verfallen erklärten Druckwerkes wird nicht dadurch zulässig, daß dieser Inhalt zum Gegenstande von Verhandlungen des Landtages gemacht wurden. (Art. 59 Abs. 3, Verfassung 1934.)

(6) Die Genehmigung oder Berichtigung der Verhandlungsniederschrift über eine nicht öffentliche Sitzung darf nur in einer nicht öffentlichen Sitzung erfolgen.

§ 49. Diese Geschäftsordnung kann nur bei Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages und mit einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen abgeändert werden; das Gleiche gilt, wenn eine neue Geschäftsordnung beschlossen werden soll.

§ 50. Diese Verordnung tritt mit dem Tage der Kundmachung in Kraft.

kundgemacht am 27. November 1934.

 

Der Landeshauptmann:
Dr. Gleißner.

 

Die vorstehende Verordnung (eigentlich eine gesetzesvertretende Verordnung), die formal aufgrund des Landesverfassungsgesetzes vom 27. Februar 1934 (einem Ermächtigungsgesetz) erlassen wurde, hat die Bestimmungen der (Bundes-)Verfassung 1934, die zum 1. November 1934 in Wirksamkeit getreten sind, ausgeführt. Da das Landesverfassungsgesetz  vom 27. Februar 1934 aber nur die "Gesetzgebung" auf die Landesregierung übertragen hat, ist zweifelhaft, ob die vorstehende Verordnung als verfassungsänderndes Gesetz überhaupt von der Landesregierung hätte erlassen werden können (siehe Art. 23 Abs. 2 des Landes-Verfassungsgesetzes von 1930).


Quellen:  Landesgesetzblatt für das Land Oberösterreich Jg. 1934 Nr. 68 Seite 203
© 30. Mai 2008 - 19. August 2008


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