(R.G.Bl. 17/1907)
Änderungen unbekannt
Mit Zustimmung beider Häuser des Reichsrates finde Ich anzuordnen, wie folgt:
Artikel. I. Die Wahl der Mitglieder des Hauses der Abgeordneten des Reichsrates wird durch die nachfolgende Reichsratswahlordnung geregelt.
Artikel II. Mit dem Tage des Beginns der Wirksamkeit dieses Gesetzes tritt das Gesetz vom 2. April 1873, R.G.Bl. Nr. 41, betreffend die Wahl der Mitglieder des Abgeordnetenhauses des Reichsrates, sowie alle Gesetze, durch welche Bestimmungen des letztangeführten Gesetzes abgeändert oder ergänzt wurden, außer Kraft.
Artikel III. Dieses Gesetz tritt gleichzeitig mit dem Gesetze vom 26. Jänner 1907, R.G.Bl. Nr. 15, wodurch die §§ 1, 6, 7, 12 und 18 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung vom 21. Dezember 1867, R.G.Bl. Nr. 141, beziehungsweise die Gesetze vom 2. April 1873, R.G.Bl. Nr. 40, vom 12. November 1886, R.G.Bl. Nr. 162, und vom 14. Juni 1896, R.G.Bl. Nr. 168, abgeändert werden, mit der Auflösung des jetzt bestehenden Abgeordnetenhauses in Wirksamkeit.
In Kraft getreten mit dem Kaiserl. Patent wegen der Auflösung des Abgeordnetenhauses und der Vornahme von Neuwahlen vom 26. Jänner 1907, R.G.Bl. 14 am 30. Jänner 1907.
Artikel IV. Mein Minister des Innern ist mit dem Vollzug dieses Gesetzes betraut.
Wien, am 26. Jänner 1907.
Beck
Bienerth
I. Von den Wahlbezirken, Wahlkörpern und Wahlorten
§ 1. Für die Wahl der Abgeordneten bilden die Wahlberechtigten eines jeden Wahlbezirkes einen Wahlkörper.
Die Wahlbezirke sind in dem diesem Gesetze beigefügten tabellarischen Anhange festgesetzt.
Wenn in einem Lande für die Wahl in den Landtag eine allgemeine Wählerklasse besteht und die Abgeordneten dieser Wählerklasse von nach Nationalitäten getrennten Wahlkörpern gewählt werden, so bilden in diesem Lande die Wahlberechtigten auch für die Wahl der Abgeordneten in den Reichsrat nach Nationalitäten getrennte Wahlkörper unter der Voraussetzung, daß die Wahlbezirke im Lande in dem diesem Gesetze beigefügten Anhange für jede Nationalität besonders festgesetzt sind.
§ 2. Wenn in dem diesen Gesetze beigefügten Anhange ein Gerichtsbezirk als solcher einem Wahlbezirke zugewiesen ist, so ist der Gerichtsbezirk nach seinem bei der Vornahme der Wahl bestehenden Gebietsumfange aufzufassen; in dem betreffenden Gerichtsbezirke sind jedoch die ausdrücklich in einem anderen Wahlbezirke eingereihten Gemeinden (Gemeindeteile) nicht inbegriffen. Im Falle der Bildung eines neuen Gerichtsbezirkes haben bis zur Erlassung eines den Anhang zur Reichsratswahlordnung abändernden Gesetzes die Wahlberechtigten des neu gebildeten Gerichtsbezirkes ihr Wahlrecht in jenem Wahlbezirke auszuüben, welchem nach dem Anhange jener Gerichtsbezirk zugeteilt ist, dem sie vor der Bildung des neuen Gerichtsbezirkes angehören.
Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes finden auch auf Gemeinden (Gemeindeteile) analoge Anwendung.
Sind mit einer Stadt (Markt), die als solche in dem diesem Gesetze beigefügten tabellarischen Anhange in einem Wahlbezirke eingereiht ist, andere Ortschaften (Ortschaftsteile) zu einer Ortsgemeinde vereinigt, so wählen nur die Wahlberechtigten des Stadtgebietes (Marktgebietes) in diesem Wahlbezirke, falls nicht in dem Anhange ausdrücklich die ganze Ortsgemeinde dem betreffenden Wahlbezirke zugewiesen ist.
§ 3. Jede Ortsgemeinde und jeder im Anhange besonders angeführten Gemeindeteil (Ortschaft, Stadtbezirk, Stadtteil) ist Wahlort.
In Galizien können Ortsgemeinden, welche nach der letzten allgemeinen Volkszählung 1200 oder weniger Einwohner haben, durch Verfügung der politischen Landesbehörde mit nächstgelegenen Gemeinden desselben Wahlbezirkes zu Gruppenwahlorten vereinigt werden. Auch können einzelne derartige Gemeinden nächstgelegenen, mehr als 1200 Einwohner zählenden Gemeinden zugewiesen werden. In beiden Fällen dürfen jedoch die eine Gruppe bildenden gemeinden zusammen nicht mehr als 5000 Einwohner haben.
Bei einer Verfügung im Sinne des vorstehenden Absatzes ist an dem Grundsatze festzuhalten, daß der Wahlort für die Wähler ohne übermäßigen Zeitverlust erreichbar sei.
Die gemäß dem zweiten Absatze getroffenen Verfügungen sind in den beteiligten gemeinden gleichzeitig mit der Ausschreibung der Wahl in ortsüblicher Weise zu verlautbaren.
II. Von dem Wahlrechte und der Wählbarkeit.
§ 4. Wahlberechtigt ist jede Person, bei welcher die in § 7 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung festgesetzten Bedingungen der Wahlberechtigung am Tage der Ausschreibung der Wahl zutreffen, wenn nicht diese Person noch vor der Wahl die österreichische Staatsbürgerschaft verliert oder wenn nicht in dem Zeitraume zwischen der Ausschreibung und der Vornahme der Wahl Umstände eintreten, die gemäß den Bestimmungen der §§ 7 und 8 dieses Gesetzes die betreffende Person von der Wahlberechtigung ausnehmen oder ausschließen.
Die Wahlberechtigung wird durch die Eintragung in die Wählerliste festgestellt.
Die Landesgesetzgebung kann bestimmen, daß die innerhalb des betreffenden Landes Wahlberechtigten verpflichtet seien, bei der Wahl der Mitglieder des Abgeordnetenhauses das aktive Wahlrecht auszuüben. In diesem Falle ist die Erlassung näherer Vorschriften über die Wahlpflicht, insbesondere die Erlassung von Durchführungs- und Strafbestimmungen unter eventueller Einführung des Mandatsverfahrens der Landesgesetzgebung vorbehalten.
§ 5. Das Wahlrecht kann nur persönlich ausgeübt werden. Jeder Wahlberechtigte hat das Recht auf eine Stimme.
§ 6. Der Wahlberechtigte übt sein Wahlrecht in jener Gemeinde aus, welcher er am Tage der Ausschreibung der Wahl seit wenigstens einem Jahre seinen Wohnsitz hat. Sind die einzelnen Teile dieser Gemeinde (Ortschaften, Stadtbezirke, Stadtteile) verschiedenen Wahlbezirken zugewiesen, so übt der Wahlberechtigte sein Wahlrecht in jenem Gemeindeteil aus, in dem er zur Zeit der Ausschreibung der Wahl wohnt.
Jene Personen, welche auf einem dem Gemeindeverbande nicht einverleibten Gutsgebiete ihren Wohnsitz haben, üben unter gleicher Voraussetzung das Wahlrecht in jener Gemeinde aus, mit welcher das Gutsgebiet eine Ortschaft bildet. Trifft letzterer Umstand nicht zu, so bestimmt die politische Landesbehörde die Ortsgemeinde, in welcher der Inwohner des Gutsgebietes ihr Wahlrecht auszuüben haben.
Wenn der Wahlberechtigte am Tage der Ausschreibung der Wahl seit wenigstens einem Jahre mehrere Wohnsitze innehat, so ist für die Ausübung der Wahl derjenige Wohnsitz maßgebend, an dem derselbe zur Zeit der Ausschreibung der Wahl ein öffentliches Amt bekleidet, oder, falls diese Voraussetzung nicht zutrifft, den Sitz seiner Berufstätigkeit hat, oder, wenn auch dieses Kriterium nicht anwendbar ist, wo sich in der angegebenen Zeit sein Hauptwohnsitze im Inlande befindet.
Kann die Entscheidung gemäß den vorstehenden Bestimmungen nicht getroffen werden, so steht dem Wahlberechtigten frei, in welcher Wohnsitzgemeinde er sein Wahlrecht ausüben will.
§ 7. Die in dauernder oder zeitlicher aktiver Dienstleistung stehenden Offiziere, Militärgeistlichen, Gagisten ohne Rangsklasse und Personen des Mannschaftsstandes der bewaffneten Macht, beziehungsweise der Gendarmerie - die zeitlich Beurlaubten inbegriffen - können weder wählen noch gewählt werden. Von der Wählbarkeit sind nebst den obigen auch alle in dauernder oder zeitlicher aktiver Dienstleistung befindlichen Beamten der bewaffneten Macht ausgenommen.
Die Wählbarkeit ist jedoch bezüglich jener Angehörigen der bewaffneten Macht nicht beschränkt, welche lediglich infolge der gesetzlichen Verpflichtung zu Waffen(Dienst)übungen während der betreffenden Zeit in aktiver Dienstleistung stehen.
§ 8. Von dem Wahlrechte und der Wählbarkeit sind ausgeschlossen:
1. Alle unter väterlicher Gewalt, Vormundschaft oder Kuratel stehenden
Personen.
2. Diejenigen, welche eine Armenversorgung aus öffentlichen oder
Gemeindemitteln genießen oder in dem der Wahl unmittelbar vorausgegangenen
Jahre genossen haben oder welche überhaupt der öffentlichen Mildtätigkeit
zur Last fallen.
Als Armenversorgung oder als Akte der öffentlichen Mildtätigkeit
sind jedoch in Bezug auf das Wahlrecht nicht anzusehen: Unterstützungen
aus Krankenkassen, Unfall-, Alters- oder Invalidenrenten, unentgeltliche
Verpflegung in den öffentlichen Krankenanstalten, die Befreiung vom
Schulgelde, die Beteiligung mit Lehrmitteln oder mit Stipendien sowie auch
Notstandsaushilfen.
3. Personen, über deren Vermögen der Konkurs eröffnet
worden ist, bis zur Beendigung desselben und, wenn der Gemeinschuldner
ein Kaufmann ist, bis zur Erlangung der Wiederbefähigung zu den im
§ 246 der Konkursordnung vom 25. Dezember 1868, R.G.Bl. Nr. 1 ex 1869
bezeichneten Rechten.
4. Personen, welche wegen eines Verbrechens oder wegen der Übertretung
des Diebstahls, der Veruntreuung, der Teilnehmung hieran, des Betruges,
der Kuppelei (§§ 460, 461, 463, 464, 512 St.G.), wegen der in
§ 1 des gesetzes vom 28. Mai 1881, R.G.Bl. Nr. 47, und in § 1
des Gesetzes vom 25. Mai 1883, R.G.Bl. Nr. 78, bezeichneten Straftaten
oder wegen Übertretung der §§ 1, 2, 3, 4 und 5, vorletzter
Absatz, des Gesetzes vom 24. Mai 1885, R.G.Bl. Nr. 89, zu einer Strafe
verurteilt worden sind.
Diese Folge der Verurteilung hat bei den in § 6, Z. 1 bis 10,
des Gesetzes vom 15. November 1867, R.G.Bl. Nr. 131, aufgezählten
Verbrechen mit dem Ende der Strafe, bei anderen Verbrechen mit dem Ablaufe
von zehn Jahren, wenn der Schuldige zu einer wenigstens fünfjährigen
Strafe verurteilt wurde, und außerdem mit dem Ablaufe von fünf
Jahren, bei den übrigen oben angeführten Straftaten aber mit
dem Ablaufe von drei Jahren nach dem Ende der Strafe aufzuhören.
5. Personen, welche wegen eines Vergehens nach §§ 45, 47,
48 und 49 des Wehrgesetzes vom 11. April 1889, R.G.Bl. Nr. 41, zu einer
Strafe verurteilt worden sind, für die Dauer von drei Jahren nach
dem Ende der Strafe.
6. Personen, welche wegen eines Vergehens gegen die strafrechtlichen
Bestimmungen zum Schutze der Wahlfreiheit gerichtlich zu einer Strafe verurteilt
worden sind, wenn die Tathandlung bei Wahlen zum Abgeordnetenhause des
Reichsrates oder zu den Landtage begangen wurde.
7. Personen, welche unter Polizeiaufsicht gestellt oder in eine Zwangsarbeitsanstalt
abgegeben wurden, bis nach Ablauf von drei Jahren nach Erlöschen der
Polizeiaufsicht, beziehungsweise der Entlassung aus der Zwangsarbeitsanstalt.
8. Personen, welche seitens des Gerichtes die väterliche Gewalt
über ihre Kinder entzogen wurde, so lange die betreffenden Kinder
unter fremder Vormundschaft stehen, jedenfalls aber während drei Jahren
nach der gerichtlichen Verfügung.
9. Personen, welche wegen Trunkenheit oder Trunksucht auf Grund des
allgemeinen Strafgesetzes oder anderer noch einzufügender Gesetzesbestimmungen
mehr als zweimal zu einer Arreststrafe verurteilt worden sind, für
die Dauer von drei Jahre nach dem Ende der Strafe.
III. Von der Ausschreibung und Vorbereitung der Wahlen.
§ 9. Der Minister des Innern hat für sämtlichen im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder einheitlich den Tag für die Vornahme der Wahlen unter einem Tag für die eventuell notwendigen weiteren Wahlgänge (§ 34) und für die engeren Wahlen anzuberaumen.
In Galizien und Dalmatien können, falls die Durchführung der Wahlen an einem Tage nicht möglich sein sollte, für die Vornahme der Wahlen sowie für die weiteren Wahlgänge und die engeren Wahlen noch je ein oder zwei weitere Wahltage bestimmt werden.
Die Festsetzung der Wahltage hat derart zu geschehen, daß alle nötigen Vorbereitungen vor Eintritt derselben beendet werden können.
§ 10. Die Ausschreibung allgemeiner Wahlen ist durch die amtlichen Landeszeitungen und durch Plakate in allen gemeinden und Wahlorten innerhalb der im Reichsrate vertretenen Königreiche und Länder bekanntzumachen.
Die Ausschreibung einzelner Ergänzungswahlen ist durch die amtliche Landeszeitung und durch Plakate in den Gemeinden und Wahlorten des Wahlbezirkes zu verlautbaren.
§ 11. Die Wahlberechtigten einer jeden Gemeinde einschließlich der Wahlberechtigten des etwa gemäß § 6, 2. Absatz, in Betracht kommenden Gutsgebietes sind von dem Gemeindevorsteher (Bürgermeister) in alphabetischer Ordnung mit Angabe des Charakters und der Wohnung in besonderen Listen (Wählerlisten) einzutragen.
Wählen die Wahlberechtigten einer Gemeinde in verschiedenen Wahlbezirken, so ist für jeden Gemeindeteil, der einem Wahlbezirke zugewiesen ist, eine besondere Wählerliste anzufertigen. Ebenso ist, wenn die Wahlhandlung innerhalb einer Gemeinde in mehreren Wahllokalitäten, denen die Wähler nach territorialer Zugehörigkeit zugewiesen werden, vollzogen werden soll (§ 16, 4. Absatz), die Wählerliste für jedes der betreffenden territorialen Gemeindegebiete abgesondert anzufertigen.
Sind in einem Lande gemäß der im § 1, 3. Absatz, enthaltenen Bestimmung die Abgeordneten des Reichsrates nach nationalen Wahlkörpern zu wählen, und gehören die Wahlberechtigten in der Gemeinde verschiedenen nationalen Wahlkörpern an, so sind die Wählerlisten in der Gemeinde nach Nationalitäten gesondert zu verfassen. Diese Wählerlisten sind das erste Mal unter Zugrundelegung jener Aufzeichnungen, die nach den Bestimmungen der Landtagswahlordnung zur ersten Konstatierung der nationalen Zugehörigkeit der Wahlberechtigten der allgemeinen Wählerklasse für die Landtagswahl angelegt wurden, späterhin aber auf Grund der letzten in dem betreffenden Wahlkörper vorgenommenen Reichsratswahl zu verfassen. Für die Einreihung der Wahlberechtigten nach ihrer Nationalität in die Wählerlisten haben die Vorschriften der Landtagswahlordnung analoge Anwendung zu finden.
Wählen die Wahlberechtigten mehrerer Gemeinden an einem Gruppenwahlorte, so haben die Wählerlisten der einzelnen Ortsgemeinden als Teillisten aneinandergereiht, die Grundlage der Wahlhandlung zu bilden, ohne daß hieraus eine Gesamtliste anzufertigen wäre.
Die Wählerlisten sind mindestens in doppelter Ausfertigung anzulegen, eine Ausfertigung derselben ist nach Abschluß der Wahlhandlung von dem Gemeindevorsteher in Evidenz und am Schlusse jedes Jahres während einer kundzumachenden Frist von acht Tagen zu jedermanns Einsicht offen zu halten.
§ 12. Nach Fertigstellung der Wählerliste hat der Gemeindevorsteher beide Ausfertigungen derselben an die der Gemeinde unmittelbar vorgesetzte landesfürstliche politische Bezirksbehörde, für die Landeshauptstadt aber der politischen Landesbehörde vorzulegen. Für Städte mit eigenem Statute mit Ausnahme der Landeshauptstadt bestimmt die politische Landesbehörde die Bezirkshauptmannschaft, die mit der Überprüfung der Wählerlisten und mit der Entscheidung über die Reklamation betraut ist; dieser Behörde hat der Gemeindevorsteher die Wählerlisten vorzulegen.
Die landesfürstliche politische Behörde hat wahrgenommene Unrichtigkeiten in der Wählerliste von Amts wegen richtigzustellen und eine Ausfertigung der berichtigten Liste dem Gemeindevorsteher zurückzustellen, welcher die Liste vierzehn Tage hindurch im Amtslokale der Gemeinde täglich eine von der politischen Behörde zu bestimmende öffentlich zu verlautbarende Zeit zu jedermanns Einsicht aufzulegen und die Auflegung der Wählerliste unter Anberaumung einer vom Tage der geschehenen Kundmachung zu berechnenden Reklamationsfrist von 14 Tagen öffentlich bekanntzumachen hat. Wählen die Wahlberechtigten einer Gemeinde in verschiedenen Wahlbezirken (§ 11, zweiter Absatz, erster Satz), so sind die Wählerlisten innerhalb der betreffenden Wahlbezirke aufzulegen.
In Gemeinden mit mehr als 5000 Einwohnern muß die Wählerliste an jedem Tage mindestens durch acht Stunden zur Einsicht aufgelegt werden; überdies ist die Wählerliste rechtzeitig in ausreichender Anzahl zu vervielfältigen und auf Verlangen jedermann vom Beginne der Reklamationsfrist an gegen Ersatz der auf das eine Exemplar entfallenden Herstellungskosten auszufolgen.
Wer die Ausfolgung einer vervielfältigten Wählerliste beansprucht, hat dies dem Gemeindevorsteher binnen acht Tagen nach Ausschreibung der Wahl anzuzeigen; die erfolgte Anmeldung verpflichtet den Anmelder zur Abnahme und Bezahlung der auf die bestellten Exemplare entfallenden Herstellungskosten der Liste.
Nach dieser Zeit einlangende Anmeldungen sind nicht zu berücksichtigen.
Binnen weiteren acht Tagen sind 50 Prozent der beiläufigen Herstellungskosten beim Gemeindevorsteher zu erlegen, widrigens die erfolgte Anmeldung wirkungslos ist.
Die restlichen Kosten sind beim Bezuge der Liste zu entrichten und können im Falle des Richtbezuges seitens des Anmelders auch im politischen Exekutionswege eingebracht werden
Unter denselben Bedingungen sind auch eventuelle Nachträge zur Wählerliste auf Verlangen jedermann auszufolgen.
§ 13. Reklamationen gegen die Wählerliste können von jenen Personen, denen in dem betreffenden Wahlkörper ein Wahlrecht zusteht, wegen Aufnahme von Nichtwahlberechtigten oder Nichtaufnahme von Wahlberechtigten bei dem Gemeindevorsteher mündlich oder schriftlich eingebracht werden.
Sind in einer Gemeinde gemäß der Vorschrift des § 11, dritter Absatz, nach Nationalitäten getrennte Wählerlisten anzulegen, so kann die Reklamation sich auch auf Zurechnung eines Wahlberechtigten zu dem betreffenden Volksstamme sich insoweit erstrecken, als eine Reklamation aus diesem Titel gegen die Wählerliste der allgemeinen Wählerklasse bei der Landtagswahl nach den Bestimmungen der Landtagswahlordnung zulässig ist. Für das Verfahren über solche Reklamationen, welche sich auf die Wählerliste für die Reichsratswahl beziehen, sind ausschließlich die Vorschriften der Reichsratswahlordnung maßgebend.
Die bei dem Gemeindevorsteher einlangenden Reklamationen sind von ihm innerhalb dreier Tage an die in § 12, Absatz 1 bezeichnete landesfürstliche politische Behörde zur Entscheidung vorzulegen.
Wird die Streichung eines in der Wählerliste Eingetragenen verlangt, so ist an denselben eine Verständigung zu richten, damit er Gelegenheit habe, sich hierüber beim Gemeindevorsteher oder bei der zur Entscheidung berufenen Behörde mündlich oder schriftlich binnen 24 Stunden zu äußern.
Gegen die eine Reklamation betreffende Entscheidung einer Bezirkshauptmannschaft kann von demjenigen, welcher die Reklamation eingebracht hat oder dessen Person die gefällte Entscheidung betrifft, innerhalb dreier Tage die Berufung an die politische Landesbehörde eingebracht werden.
Die Reklamation ist für jeden Reklamationsfall abgesondert zu überreichen; falls wegen Weglassung eines Wahlberechtigten reklamiert wird, so sind die Dokumente, welche zum Nachweis seiner Wahlberechtigung erforderlich sind, der Reklamation anzuschließen. Reklamationen und Berufungen, bei denen diese Vorschriften nicht beobachtet wurden, sind al limine zurückzuweisen. Die zum Beweise der Wahlberechtigung nötigen Dokumente sind stempelfrei.
FAlls durch eine Entscheidung einer Reklamation Folge gegeben wurde, hat die im dritten Absatze bezeichnete landesfürstliche politische Behörde die der Entscheidung entsprechende Richtigstellung der Wählerliste durchzuführen.
Abgesehen von diesem Falle, hat vom Zeitpunkte der Verlautbarung der Wählerliste an gerechnet (§ 12, zweiter Absatz) eine Berichtigung der Wählerliste nur insofern Platz zu greifen, als die landesfürstliche politische Behörde bis 24 Stunden vor dem Wahltermine verpflichtet ist, diejenigen in die Wählerliste eingetragenen Personen aus derselben zu streichen, bei welchen der Verlust der österreichischen Staatsbürgerschaft oder ein Umstand, der gemäß den Bestimmungen der §§ 7 und 8 die Ausnahme oder Ausschließung von der Wahlberechtigung begründet, Platz gegriffen hat oder nachträglich zu Tage getreten ist.
Die von der landesfürstlichen politischen Behörde vorgenommenen Berichtigungen der Wählerliste sind dem Gemeindevorsteher mitzuteilen, damit diese Berichtigungen auch in der bei dem Gemeindeamte verwahrten Ausfertigung dieser Liste durchgeführt werden.
§ 14. Sobald die Wählerliste nach erfolgter Entscheidung der Reklamationen richtiggestellt ist, sind den Wählern von jener der in § 12, 1. Absatz bezeichneten landesfürstlichen politischen Behörden, welche für den Wahlort in Betracht kommt, zur Wahl der Abgeordneten Legitimationskarten auszufertigen. Wenn Gemeinden, welche zu verschiedenen politischen Bezirken gehören, zu Gruppenwahlorten (§ 3) vereinigt werden, so sind die Wählerlisten dieser Gemeinden nach Abschluß des Reklamationsverfahrens behufs Ausfertigung der Legitimationskarten an die dem Wahlorte vorgesetzte landesfürstliche politische Behörde zu leiten.
Die Legitimationskarten haben die fortlaufende Nummer der betreffenden Wählerliste, den Ort, den Tag und die Stunde des Anfanges der Wahlhandlung sowie die Stunde des Schlusses der Stimmgebung und endlich den Namen und Wohnort des Wahlberechtigten zu enthalten.
In Städten mit eigenen Statuten kann der Gemeindevorsteher mit der Ausfertigung der Legitimationskarten beauftragt werden.
Den Wählern sind die Legitimationskarten in die Wohnung zuzustellen; die Zustellung kann dem Gemeindevorsteher übertragen werden.
Auch sind die Wähler in ortsüblicher Weise aufzufordern, ihre Legitimationskarte in jenen Fällen, in denen sie aus welchem Grunde immer längstens 24 Stunden vor dem Wahltage nicht zugestellt worden wären, an dem in der Kundmachung zu bezeichnenden Orte persönlich zu erheben.
Anstatt verloren gegangener Legitimationskarten sind dem Wahlberechtigten auf sein Verlangen von der zur ersten Ausfertigung berufenen Behörde Duplikate der Legitimationskarten auszufertigen.
§ 15. Zum Vollzuge der Wahl der Abgeordneten sind den Wählern mit den Legitimationskarten Stimmzettel zu erfolgen, welche mit dem Amtssiegel der in § 14, 1. Absatz, bezeichneten landesfürstlichen politischen Behörde oder der die Legitimationskarten ausfertigenden Gemeindebehörde (§ 14, 3. Absatz) und außerdem auch noch mit der Bemerkung versehen sein müssen, daß jeder andere nicht behördlich ausgegebene Stimmzettel als ungültig behandelt werden wird.
Anstatt verloren gegangener oder unbrauchbar gewordener Stimmzettel sind auf Verlangen der Wahlberechtigten von der zur ersten Ausfertigung berufenen Behörde oder am Tage der Wahl von dem Wahlkommissär andere Stimmzettel auszufolgen.
Der Wahlkommissär erfolgt auch die zur Vornahme der engeren Wahl erforderlichen Stimmzettel.
Der Zeitpunkt und die Dauer der Stimmenabgabe sind in der Weise festzusetzen, daß den Wählern die Ausübung des Wahlrechtes tunlichst gesichert werde.
IV. Von der Vornahme der Wahl der Abgeordneten.
§ 16. Die Leitung der in gegenwart eines Wahlkommissärs vorzunehmenden Wahlhandlung wird einer aus den Wählern gebildeten Wahlkommission übertragen, welche aus sieben Mitgliedern, in Gemeinden unter 1000 Einwohnern aus fünf Mitgliedern zu bestehen hat.
In der Regel ist in jedem Wahlorte eine Wahlkommission einzusetzen.
Wenn jedoch die in einem Wahlorte zur Stimmabgabe berufenen Wahlberechtigten verschiedenen nationalen Wahlkörpern angehören (§ 11, 3. Absatz), so ist an dem Wahlorte für die Wahlberechtigten jedes Wahlkörpers eine eigene Wahlkommission zu bilden. In einem Solchen Falle ist die Wahlhandlung räumlich oder zeitlich getrennt für jeden Wahlkörper durchzuführen.
Wenn es mit Rücksicht auf die territoriale Ausdehnung oder die Anzahl der Bevölkerung wünschenswert erscheint, kann in einzelnen Ortsgemeinden oder Orten die Bestellung mehrerer Wahlkommissionen innerhalb des ganzen Gemeinde- oder Ortsgebietes von der der Gemeinde unmittelbar vorgesetzten landesfürstlichen politischen Behörde bestimmt werden. Hiebei hat die Zuweisung der Wähler an die einzelnen Wahlkommissionen nach alphabetischer Ordnung oder nach territorialer Zugehörigkeit zu erfolgen; derartige Verfügungen sind in der Gemeinde rechtzeitig in ortsüblicher Weise zu verlautbaren.
Für jede Wahlkommission ist von der Gemeinde des Wahlortes ein geeignetes Lokale beizustellen.
§ 17. Der Wahlkommissär wird für die Landeshauptstadt von der politischen Landesbehörde, für die außerhalb der Landeshauptstadt vorzunehmenden Wahlen aber von jener Bezirkshauptmannschaft bestimmt, in deren Bezirke der Wahlort gelegen ist oder die von der politischen Landesbehörde mit der Bestimmung des Wahlkommissärs beauftragt wird.
Das Amt des Wahlkommissärs ist, unbeschadet der für öffentliche Beamte geltenden Vorschriften, ein Ehrenamt, zu dessen Annahme jeder verpflichtet ist, der an dem Wahlorte wahlberechtigt ist.
Jeder Wahlkommission wird von dem Wahlkommissär ein Schriftführer beigegeben, welcher über den Verlauf der Wahlhandlung ein Protokoll zu führen und in dasselbe alle wichtigen, bei der Wahlhandlung sich ergebenden Vorkommnisse, insbesondere die von der Wahlkommission gefällten Entscheidungen aufzunehmen hat.
§ 18. Je drei, beziehungsweise zwei Mitglieder der Wahlkommission werden von der Gemeindevertretung des Wahlortes und von dem Wahlkommissär aus den an dem Wahlorte in dem betreffenden Wahlkörper Wahlberechtigten bestimmt.
Die in der vorbezeichneten Weise bestimmten sechs, beziehungsweise vier Mitglieder wählen mit absoluter Stimmenmehrheit das siebente, beziehungsweise fünfte Mitglied der Wahlkommission, welches an dem Wahlorte in dem betreffenden Wahlkörper wahlberechtigt sein muß.
Kommt eine solche Stimmenmehrheit auch bei einem zweiten Wahlgange nicht zu stande, so wird dieses Mitglied vom Wahlkommissär benannt.
§ 19. Die Mitglieder der Wahlkommission wählen aus ihrer Mitte mit relativer Stimmenmehrheit den Vorsitzenden.
Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Wahlkommissär zu ziehende Los.
§ 20. Die Beschlüsse der Wahlkommission werden durch relative Stimmenmehrheit ohne Rücksicht auf die Zahl der Stimmenden gefaßt.
Der Vorsitzende der Wahlkommission stimmt nur bei gleich geteilten Stimmen mit und gibt in einem solchen Falle mit seiner Stimme den Ausschlag.
§ 21. Eine Entscheidung über die Zulassung zur Stimmabgabe
oder über die Gültigkeit abgegebener Stimmen steht der Wahlkommission
nur dann zu:
a) wenn sich bei der Stimmabgabe über die Identität eines
Wählers Anstände ergeben;
b) wenn die Gültigkeit oder Ungültigkeit einzelner abgegebener
Stimmen in Frage kommt, oder
c) wenn gegen die Wahlberechtigung einer in den Wählerlisten eingetragenen
Person bei der Wahlhandlung Einsprache erhoben wird.
Eine Einsprache im Sinne der Absätze a) und c) kann nicht nur vom Wahlkommissär und von Mitgliedern der Wahlkommission, sondern auch von den Wählern, von diesen mündlich oder schriftlich, und zwar nur insolange, als diejenige Person, deren Wahlberechtigung angefochten wird, ihre Stimme nicht abgegeben hat und in dem unter c) erwähnten Falle nur insofern erhoben werden, als behauptet wird, daß die betreffende Person seit der Feststellung der Wählerliste aus den im § 4 aufgeführten Gründen die Wahlberechtigung verloren hat.
Die Entscheidung der Wahlkommission müssen in jedem einzelnen Falle vor Fortsetzung des Wahlaktes erfolgen.
Ein Rekurs gegen dieselben ist unzulässig.
§ 22. Der Wahlkommissär hat für die Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung bei der Wahlhandlung und für die Beobachtung der Bestimmungen der Wahlordnung Sorge zu tragen. Überschreitungen des Wirkungskreises von Seite der Wahlkommission hat derselbe nicht zuzulassen.
§ 23. Die den Wählern erfolgten Legitimationskarten haben als Aufforderung zu gelten, sich ohne jede weitere Vorladung an dem darauf bezeichneten Tage und innerhalb der festgesetzten Stunden zur Vornahme der Wahl einzufinden.
Nur die mit der Legitimationskarte versehenen Wähler haben behufs Abgabe der Stimmen Zutritt in das Wahllokale; nach Abgabe der Stimmen haben dieselben das Wahllokale sofort wieder zu verlassen. Sofern es zur ungestörten Durchführung der Wahl erforderlich erscheint, sind die Wähler nur einzeln in das Wahllokale einzulassen. Eine solche Verfügung kann von der politischen Bezirksbehörde oder vom Wahlkommissär getroffen werden.
Dem Wahlakte sind über Wunsch der wahlwerbenden Parteien zwei bis fünf - in größeren Städten bis zehn - Vertrauensmänner aus der Mitte der Wahlberechtigung beizuziehen, welche dem Wahlakte bis zur Verkündigung des Ergebnisses der Stimmenzählung anzuwohnen berechtigt sind.
Diese Vertrauensmänner werden vor der Wahl von den wahlwerbenden Parteien der politischen Bezirksbehörde namhaft gemacht, welche die entsprechende Anzahl aus der Mitte der Vorgeschlagenen unter tunlichster Berücksichtigung aller wahlwerbenden Parteien bestimmt.
Die Vertrauensmänner haben lediglich als Zeugen der Wahlhandlung zu fungieren und steht ihnen außer der nach § 21 lit. a) und c) den Wählern zustehenden Einsprache kein weiterer Einfluß auf den Gang der Wahlhandlung zu.
Während der Wahlhandlung sind im Wahllokale sowie in dem Gebäude, in dem sich dieses Lokale befindet, und in der näheren Umgebung um das Gebäude in dem Umkreise, welcher von der politischen Bezirksbehörde bestimmt wird, Ansprachen an die Wähler sowie sonstige Wahlagitationen jeder Art untersagt. Es ist dafür Sorge zu tragen, daß der Verkehr der Wähler zu und von dem Wahllokale sich ungestört vollziehen kann.
In dem Wahllokale sind zum Zwecke der Ausfüllung der Stimmzettel von den betreffenden Gemeinden Schreiberequisiten und die notwendigen Möbelstücke beizustellen.
§ 24. An dem Tage der Wahl, zur festgesetzten Stunden und in dem dazu bestimmten Versammlungsorte wird die Wahlhandlung mit der Konstituierung der Wahlkommission begonnen, welche die Wählerliste nebst den vorbereiteten Abstimmungsverzeichnissen und Stimmlisten übernimmt.
Kann mangels der gesetzlichen Voraussetzungen die Konstituierung der Wahlkommission nicht erfolgen, so werden die Funktionen der Wahlkommission von dem Wahlkommissär ausgeübt.
§ 25. Die Abstimmung erfolgt mittels Stimmzettel.
Bei der Wahl dürfen bei sonstiger Ungültigkeit der Wahlstimme nur die behördlich erfolgten Stimmzettel in Anwendung kommen.
§ 26. Unmittelbar vor Beginn der Abstimmung hat sich die Wahlkommission zu überzeugen, daß die zum Hineinlegen der Stimmzettel bestimmte Wahlurne leer ist.
Die Abstimmung beginnt damit, daß die Mitglieder der Wahlkommission ihre Stimmen abgeben. Hierauf erfolgt die Abgabe der Stimmen von Seite der Wähler.
Jeder Wähler hat bei Abgabe der Stimme seine Legitimationskarte vorzuzeigen.
Die Personen, die ihre Stimmen abgeben, sind in dem Abstimmungsverzeichnisse, von dem eine Ausfertigung vom Schriftführer und eine zweite von einem Mitgliede der Wahlkommission zu führen ist, mit Namen einzutragen.
§ 27. Bei der Abstimmung übernimmt der Vorsitzende der Wahlkommission von jedem Wähler den zusammengefalteten Stimmzettel, legt jeden einzelnen uneröffnet in die Wahlurne und wacht darüber, daß nicht anstatt eines mehrere Stimmzettel abgegeben werden.
§ 28. Die Abgabe der Stimmen ist zur bestimmten Stunde zu schließen. Es dürfen jedoch Wähler, welche noch vor Ablauf der bestimmten Schlußstunde in dem Wahllokale und in dem von der Wahlkommission für die Wähl bestimmten Warteraum oder unmittelbar vor dem Wahllokale zur Wahl erschienen sind, von der Stimmgebung nicht ausgeschlossen werden.
Treten Umstände ein, welche den Anfang, Fortgang oder der Beendigung der Wahlhandlung verhinderte, so kann die Wahlhandlung von der Wahlkommission mit Zustimmung des Wahlkommissärs auf den nächstfolgenden Tag verschoben oder verlängert werden.
Jede Verschiebung oder Verlängerung ist rechtzeitig auf die ortsübliche Weise zu verlautbaren.
Hatte die Abgabe der Stimmen bereits begonnen, so sind die Wahlakten und die Wahlurne mit den darin enthaltenen Stimmzetteln von der Wahlkommission und dem Wahlkommissär bis zur Fortsetzung der Wahlhandlung unter Siegel zu legen.
§ 29. Nach Abschluß der Stimmgebung, welcher von dem Vorsitzenden der Wahlkommission ausgesprochen wird, ist das Wahllokale, in dem nur der Wahlkommissär und die Mitglieder der Wahlkommission nebst dem Schriftführer und den Vertrauensmännern (§ 23) zu verbleiben haben, zu schließen.
Vor der Skrutinierung werden die Stimmzettel von dem Vorsitzenden der Wahlkommission in der Wahlurne untereinander gemengt, sodann herausgenommen und gezählt. Hienach entfaltet ein Mitglied der Wahlkommission jeden Stimmzettel einzeln und übergibt ihn nach genommener Einsicht dem Vorsitzenden, welcher denselben laut abliest und zur Einsichtnahme an die anderen Kommissionsmitglieder weiter reicht.
Von zwei Mitgliedern der Wahlkommission ist über die Personen, welche Stimmen erhalten haben, je eine Stimmliste zu führen, in welcher jeder, der als Abgeordneter eine Stimme erhält, namentlich zu verzeichnen und neben seinem Namen die Zahl 1, bei der zweiten auf ihn entfallenden Stimme die Zahl 2, bei der dritten die Zahl 3 u.s.f. beizusetzen ist. Beide Stimmlisten müssen übereinstimmen und sind von sämtlichen Mitgliedern der Kommission und dem Wahlkommissär zu unterfertigen.
Die Bestimmungen des vorstehenden Absatzes haben auch für die Wahl von Ersatzmännern (§ 36) zu gelten, wobei die Stimmen jedoch so zu zählen sind, daß die für eine Person abgegebenen Stimmen nur insoweit zusammengezählt werden, als diese Person Stimmen als Ersatzmann für denselben Abgeordneten erhalten hat. Es ist daher in der Stimmliste für die Ersatzmänner neben dem Namen des Gewählten der Name desjenigen anzuführen, für welchen er als Ersatzmann gewählt wird (Ersatzmann für N.N.).
§ 30. Stimmen, welche auf eine in Gemäßheit des § 8 von der Wählbarkeit ausgeschlossene Person gefallen; Stimmen, welche an Bedingungen geknüpft oder denen Aufträge an den zu Wählenden beigefügt sind; endlich Stimmen, welche die damit bezeichnete Person nicht deutlich entnehmen lassen, sind ungültig und werden den abgegebenen Stimmen nicht beigezählt.
Leere Stimmzettel sind den abgegebenen Stimmen gleichfalls nicht beizuzählen.
Enthält ein Stimmzettel mehr als einen Namen oder im Falle des § 36 mehr als je einen Namen in jeder Rubrik, so ist nur der auf dem Stimmzettel, beziehungsweise in der Rubrik desselben zuerst angesetzte Name zu berücksichtigen.
§ 31. Nach vollendeter Wahlhandlung wird das darüber geführte Protokoll geschlossen, samt dem Abstimmungsverzeichnisse von den Mitgliedern der Wahlkommission, dem Wahlkommissär und dem Schriftführer unterschrieben, gemeinschaftlich unter Anschluß der Wählerliste, des Abstimmungsverzeichnisse und der unterfertigten Stimmlisten, der gültigen wie auch der für ungültig erkannten Stimmzettel versiegelt, mit einer den Inhalt bezeichnenden Aufschrift versehen und dem Wahlkommissär übergeben.
Das Ergebnis der Stimmzählung ist von dem Vorsitzenden der Wahlkommission nach Wiedereröffnung des Wahllokales zu verlautbaren.
Der Wahlkommissär hat den Wahlakt, falls die Abgeordnetenwahl durch Wahlhandlung vollendet ist, an die politische Landesbehörde, falls aber die Stimmabgabe für eine und dieselbe Abgeordnetenwahl in mehr als einer Wahlhandlung stattfindet, an den für die Hauptwahlkommission bestellten Wahlkommissär einzusenden.
Werden die Wahlakten nicht von allen Mitgliedern der Wahlkommission unterfertigt, so ist der Grund hievon im Wahlprotokolle anzuführen.
§ 32. In jenen Fällen, in welchen die Stimmgebung für ein und dieselbe Abgeordnetenwahl in mehr als einer Wahlversammlung stattfindet, hat die Ermittlung des Gesamtergebnisses aller zusammengehörigen Abstimmungsakte eine Hauptwahlkommission vorzunehmen, welche zu diesem Behufe die von den einzelnen Wahlkommissionen an den für die Hauptwahlkommission bestellten Wahlkommissär eingesendeten Wahlakten von diesem zu übernehmen hat.
Die Hauptwahlkommission versammelt sich in Gegenwart des Wahlkommissärs an dem von der politischen Landesbehörde bestimmten Orte und hat aus sieben Mitgliedern zu bestehen, von denen je drei Mitglieder von der Gemeindevertretung des Sitzes der Hauptwahlkommission und von dem Wahlkommissär aus den an diesem Orte in dem betreffenden Wahlkörper Wahlberechtigten bestimmt werden; das siebente Mitglied wird nach den Bestimmungen des § 18 gewählt oder ernannt. Der Vorsitzende der Hauptwahlkommission wird von den Kommissionsmitgliedern mit relativer Stimmenmehrheit aus ihrer Mitte gewählt.
Während der Ermittlung des Wahlergebnisses haben nur der Wahlkommissär und die Mitglieder der Hauptwahlkommission Zutritt in das Lokal dieser Kommission.
Die Hauptwahlkommission hat die von den einzelnen Wahlkommissionen festgestellten Ergebnisse der Wahlhandlungen zusammenzustellen, ohne sich in eine Überprüfung der Amtshandlungen dieser letzteren Kommissionen einzulassen.
Nach Ermittlung des Gesamtergebnisses der Wahl wird das darüber geführte Protokoll geschlossen, von den Mitgliedern der Wahlkommission, dem Wahlkommissär und dem Schriftführer unterschrieben und unter Anschluß der von den einzelnen Wahlkommissionen eingelangten Wahlakten versiegelt, mit einer den Inhalt bezeichnenden Aufschrift versehen und dem Wahlkommissär übergeben, welcher alle Akten an die politische Landesbehörde einzusenden hat.
Der Vorsitzende der Hauptwahlkommission verlautbart das Ergebnis der Wahl nach Eröffnung des Kommissionslokales.
§ 33. Wenn von einem Wahlkörper nur ein Abgeordneter gewählt werden soll, so ist derjenige als gewählt anzusehen, welcher mehr als die Hälfte aller abgegebenen gültigen Stimmen für sich hat.
Wurde die absolute Stimmenmehrheit nicht erlangt, so wird zur engeren Wahl (§ 35) geschritten.
§ 34. Werden von ein und demselben Wahlkörper gleichzeitig zwei Abgeordnete gewählt, so ist zunächst derjenige als gewählt anzusehen, welcher mehr als die Hälfte aller abgegebenen gültigen Stimmen für sich hat. Neben dem mit absoluter Stimmenmehrheit Gewählten ist als Zweitgewählter derjenige zu betrachten, welcher mehr als ein Viertel der abgegebenen gültigen Stimmen für sich hat.
Hat im ersten Wahlgange keiner die absolute Stimmenmehrheit erreicht, so ist ein zweiter Wahlgang einzuleiten. Wenn auch in diesem Wahlgange keiner die absolute Stimmenmehrheit erlangt hat, so ist zur engeren Wahl (§ 35) zu schreiten.
Wenn im ersten oder zweiten Wahlgange zwar ein zu Wählendern die absolute Stimmenmehrheit erreicht hat, die übrigen Stimmen aber auf zwei oder mehrere Personen derart zersplittert sind, daß keine mehr als ein Viertel der abgegebenen Stimmen für sich hat, so ist hinsichtlich des zweiten zu Wählenden die engere Wahl (§ 35) einzuleiten. Sind im ersten oder zweiten Wahlgange überhaupt nur für eine Person Stimmen abgegeben worden oder sind die für das zweite Mandat abgegebenen Stimmen auf eine Person vereint, ohne daß die zur Wahl erforderliche Stimmenzahl erreicht wurde, so ist für die Wahl des zweiten Abgeordneten ein neuer Wahlgang gemäß § 33 einzuleiten.
in Galizien waren in den meisten Wahlkreisen 2 Abgeordnete zu wählen.
§ 35. Handelt es sich um die Wahl eines Abgeordneten, so haben sich bei der engeren Wahl die Wähler auf jene zwei Personen zu beschränken, die bei dem vorangegangenen Wahlgange - in dem in § 34, letzter Absatz, vorgesehenen Falle nach demjenigen, der die erforderliche Stimmenzahl erreicht hat - die relativ meisten Stimmen für sich hatten.
Sind in der engeren Wahl zwei Abgeordnete zu wählen, so findet die engere Wahl zwischen jenen drei Personen statt, die beim letzten Wahlgange die relativ meisten Stimmen für sich hatten, wobei jene zwei Personen als gewählt anzusehen sind, auf welche die relativ meisten Stimmen entfallen sind.
Bei Stimmengleichheit entscheidet das vom Vorsitzenden der Wahlkommission zu ziehende Los, wer in die engere Wahl zu bringen sei.
Jede Stimme, welche bei der engeren Wahl auf eine nicht in diese Wahl gebrachte Person fällt, ist als ungültig zu betrachten.
Sind bei der engeren Wahl alle abgegebenen gültigen Stimmen zwischen den in die Wahl gebrachten Personen gleich geteilt, so entscheidet das vom Vorsitzenden der Wahlkommission zu ziehende Los, wer von ihnen als gewählt anzusehen sei.
§ 36. Wenn von ein und demselben Wahlkörper gleichzeitig zwei Abgeordnete gewählt werden, so werden unter einem mittels derselben Stimmzettel auch Ersatzmänner gewählt, und zwar in der Weise, daß jeder Wähler auf seinem Stimmzettel außer dem Namen derjenigen Person, welche er zum Abgeordneten wählt, auch nach den Namen einer zweiten Person, welche er zum ERsatzmanne wählt, in einer zweiten Rubrik des Stimmzettels aufzuschreiben hat. Die Wahl des Ersatzmannes erfolgt in jenem Wahlgange, in welchem die Wahl des betreffenden Abgeordneten vollzogen wird.
Bei der Wahl des Ersatzmannes sind nur diejenigen Stimmen zu zählen, welche auf den gültigen Stimmzetteln vorkommen, die für den gewählten Abgeordneten abgegeben wurden. Als Ersatzmann gewählt ist diejenige Person anzusehen, welche hienach die relativ meisten Stimmen auf sich vereinigt hat. Haben bei dem entscheidenden Wahlgange zwei oder mehrere Personen eine gleiche Anzahl von Stimmen erhalten, so entscheidet zwischen denselben das Los, wer als gewählt anzusehen ist.
Der Ersatzmann tritt in das Haus der Abgeordneten in dem Falle ein, wenn das Mandat desjenigen Abgeordneten, zu dessen Vertretung er gewählt worden ist, erledigt ist. Falls jedoch beide Abgeordnetenmandate des Wahlbezirkes gleichzeitig erledigt werden, so ist für beide die Neuwahl einzuleiten.
Wenn ein Ersatzmann die Wählbarkeit verliert, mit Tod abgeht oder auf seine Funktion als Ersatzmann verzichtet, so ist im Falle der Erledigung des betreffenden Abgeordnetenmandates dasselbe bis zur Einleitung der allgemeinen Neuwahlen, beziehungsweise bis zur Erledigung des zweiten Mandates nicht zu besetzen. Dasselbe hat zu geschehen, wenn der in das Abgeordnetenhaus eingetretene Ersatzmann aus irgend einem Grunde aufhört, Mitglied des Hauses zu sein.
§ 37. Wahlberechtigte sind deshalb, weil sie bei einem früheren Wahlgange ihr Stimmrecht nicht ausgeübt haben, bei dem zweiten Wahlgange oder der engeren Wahl von der Ausübung dieses Rechtes nicht ausgeschlossen.
Wird eine Wahl in mehreren Wahlorten oder Wahlversammlungen vorgenommen, so hat der Wahlkommissär der Hauptwahlkommission den zweiten Wahlgang, beziehungsweise die engere Wahl einzuleiten.
§ 38. Der Chef der politischen Landesbehörde hat nach Einsichtnahme in die nach §§ 31 und 32 an diese Behörde gelangten Wahlakten jedem gewählten Abgeordneten und im Falle des § 36, falls das Abgeordnetenmandat erledigt wird, dem betreffenden Ersatzmanne, soferne die in § 7 des Grundgesetzes über die Reichsvertretung aufgestellten Voraussetzungen der Wählbarkeit zutreffen, ein Wahlzertifikat auszufertigen und zustellen zu lassen, welches Zertifikat den Gewählten zum Eintritte in das Haus der Abgeordneten des Reichsrates berechtigt.
Wenn wegen des Mangels einer der gesetzlichen Voraussetzungen für die Wählbarkeit die Ausfertigung des Wahlzertifikates verweigert wird, so kann eine Neuwahl nur dann angeordnet werden, wenn das Haus der Abgeordneten die Wahl als ungültig erklärt.
Die Wahlakten sind an den Minister des Innern einzusenden, welcher sie dem Präsidium des Hauses der Abgeordneten übergibt.
§ 39. Wenn Doppelwahlen vorkommen, so hat der Gewählte längstens acht Tage nach der Konstituierung des neugewählten Abgeordnetenhauses, im Falle einer Ersatzwahl nach Eröffnung des betreffenden Sessionsabschnittes zu erklären, welche Wahl er annimmt. Erfolgt eine solche Erklärung in dieser Frist nicht, so ist durch vom Präsidenten des Abgeordnetenhauses in öffentlicher Sitzung vorgenommene Auslosung zu entscheiden, für welchen Wahlbezirk die Wahl zu gelten hat. Bezüglich des freiwerdenden Wahlbezirkes ist eine Neuwahl auszuschreiben.
Wenn jedoch in dem betreffenden Wahlbezirke für den Abgeordneten ein Ersatzmann gemäß der Bestimmungen des § 36 gewählt wurde, so finden die Bestimmungen des vorletzten und letzten Absatzes dieses Paragraphen Anwendung.
§ 40. Wenn außer dem Falle allgemeiner Neuwahlen binnen 90 Tagen nach der Wahl eines Abgeordneten die Notwendigkeit einer Neuwahl an seine Stelle eintritt, so ist sie auf Grund der bei der letztvorausgegangenen Wahl benützten Wählerlisten vorzunehmen, insoweit nicht die Wahl des Abgeordneten eben wegen der Unrichtigkeit dieser Listen für ungültig erklärt worden ist.
§ 41. Das Haus der Abgeordneten veranlaßt die Vorberatung über die Wahlakten und entscheidet nach erstattetem Berichte über die Gültigkeit jeder Wahl längstens binnen einem Jahre, nachdem sie erfolgt ist.
Falls vor Ablauf dieser Frist ein Beschluß des betreffenden Vorberatungs(Legitimations)ausschusses nicht vorgelegt wurde, hat der Präsident den Gegenstand rechtzeitig auf die Tagesordnung zu setzen und hat der vom Ausschuß bestellte Referent oder falls kein solcher bestellt wurde, der vom Präsidenten bestellte Referent den Bericht und Antrag im Hause ohne Vorberatung zu erstatten und das Haus auf Grundlage desselben seine Entscheidung zu fällen. Dieser Gegenstand kann durch Beschluß des Hauses nicht von der Tagesordnung abgesetzt werden.
Insolange das Haus die Wahl eines mit dem Wahlzertifikate versehenen Abgeordneten oder in das Abgeordnetenhaus eingetretenen Ersatzmannes (§ 38) nicht für ungültig erklärt, hat derselbe Sitz und Stimme.
Wird die Wahl eines Abgeordneten oder Ersatzmannes, dem die Ausfertigung des Wahlzertifikates verweigert wurde, für gültig erklärt, so ist derselbe durch den Präsidenten zum Eintritte in das Haus der Abgeordneten aufzufordern.
§ 42. Änderungen der § 1, 4, 5, 33 bis 37 und 42 dieses Gesetzes, sowie des dem Gesetze beigefügten tabellarischen Anhanges über die Wahlbezirkseinteilung können ur bei Anwesenheit von mindestens 343 Mitglieder des Abgeordnetenhauses gültig beschlossen werden. In diese Zahl sind die Abgeordneten, die zugleich Mitglieder der Regierung sind, die Mitglieder des Präsidiums und die zur Besorgung der Geschäfte am Tage der Abstimmung bestimmten Schriftführer nicht einzurechnen.
Soll eine Änderung der Bestimmungen der §§ 34 bis 36, welche die gleichzeitige Wahl zweier Abgeordneten in ein und demselben Wahlbezirke zum Gegenstande haben, vorgenommen werden, so ist zu einem gültigen Beschlusse erforderlich, daß unter der im ersten Absatze vorgesehenen Anzahl der anwesenden Abgeordneten sich wenigstens mehr als die Hälfte der Abgeordneten aus jedem Lande befinden, in welchem solche Wahlbezirke gelegen sind; handelt es sich um eine Änderung in der Einteilung von derartigen Wahlbezirken, so gilt die vorstehende Anordnung bezüglich der Abgeordneten jenes Landes, in dem die betreffenden Wahlbezirke gelegen sind.
Kann ein solcher Beschluß infolge der nicht genügenden Zahl der Anwesenden nichtgefaßt werden, so gilt der gestellte Antrag als abgelehnt.
Bei den im ersten Absatze angeführten Verhandlungsgegenständen ist die in § 42 der Geschäftsordnung für das Abgeordnetenhaus des Reichsrates vorgesehene Abkürzung der Geschäftsbehandlung unzulässig.
Anhang zur Reichsratswahlordnung
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Das vorstehende Gesetz führte endlich
auch in Österreich das allgemeine und gleiche Männerwahlrecht
ein. Es galt im allgemeinen der Einmannwahlkreis mit der Wahl mit absoluter
Stimmenmehrheit und bei Nichterreichen ein zweiter Wahlgang unter den beiden
Kandidaten mit den meisten Stimmen des ersten Wahlgangs; nur für Galizien
wurden Zweimannwahlkreise eingerichtet.