Gesetz
vom 27. Oktober 1862 (R.G.Bl. 88/1862),
zum Schutze des Hausrechtes

in Kraft seit dem 18. Januar 1863

zwischen dem 23. Dezember 1867 (Inkrafttreten des RGBl. 142/1867) und dem 11. November 1918 (Beendigung der Tätigkeit der Staatsorgane des Kaisertums Österreich) Staatsgrundgesetz

für die Tschechoslowakei
am 28. Oktober 1918 durch Beschluss des tschechoslowakischen Nationalausschusses (SdGuV 11/1918) in provisorischer Geltung belassen
seit dem 6. März 1920 (Inkrafttreten der Verfassung), formal ein Verfassungsgesetz der Tschechoslowakischen Republik
aufgehoben durch Verfassungsgesetz vom 9. April 1920 (SdGuV 293/1920) über den Schutz der Freiheit der Person und des Hauses sowie des Briefgeheimnisses

für die Republik Deutschösterreich bzw. die Republik Österreich
am 30. Oktober 1918 durch Beschluss der deutschösterreichischen Nationalversammlung (StGBl. 3/1918) für Deutschösterreich in provisorischer Geltung belassen
seit dem 10. November 1920 (Inkrafttreten des (deutsch-)österreichischen B-VG) gilt das Gesetz gemäß Artikel 149 Absatz 1 B-VG als Verfassungsgesetz der Republik Österreich

außer Kraft vom 1. Juli 1934 bis 1. Mai 1945

geändert durch
Gesetz vom 1. Oktober 1920, womit die Republik Österreich als Bundesstaat eingerichtet wird (Bundes-Verfassungsgesetz), B.G.Bl. Nr. 1/1920
Bundesgesetz vom 11. Juli 1974 über die Anpassung von Bundesgesetzen an das Strafgesetzbuch, B.G.Bl. 422/1974
 

konsolidierte Fassung zum 27.9.2012
 

Über Antrag beider Häuser Meines Reichsrates finde Ich zum Schutze des Hausrechtes gegen Übergriffe der Organe der öffentlichen Gewalt, Folgendes zu verordnen:

§ 1. Eine Hausdurchsuchung, das ist die Durchsuchung der Wohnung oder sonstiger zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten darf in der Regel nur kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehles unternommen werden. Dieser Befehl ist den Beteiligten sogleich oder doch innerhalb der nächsten 24 Stunden zuzustellen.

§ 2. Zum Zwecke der Strafgerichtspflege kann bei Gefahr am Verzuge auch ohne richterlichen Befehl eine Hausdurchsuchung von Gerichtsbeamten, Beamten der Sicherheitsbehörden oder Gemeindevorstehern angeordnet werden. Der zur Vornahme Abgeordnete ist mit einer schriftlichen Ermächtigung zu versehen, welche er dem Beteiligten vorzuweisen hat.

Zu demselben Zwecke kann eine Hausdurchsuchung auch durch die Sicherheitsorgane aus eigener Macht vorgenommen werden, wenn gegen Jemanden ein Vorführungs- oder Verhaftbefehl erlassen, oder wenn Jemand auf der Tat betreten, durch öffentliche Nacheile oder öffentlichen Ruf einer strafbaren Handlung verdächtig bezeichnet oder im Besitze von Gegenständen betreten wird, welche auf die Beteiligung an einer solchen hinweisen.

In beiden Fällen ist dem Beteiligten auf sein Verlangen sogleich oder doch binnen der nächsten 24 Stunden die Bescheinigung über die Vornahme der Hausdurchsuchung und deren Gründe zuzustellen.

§ 3. Zum Behufe der polizeilichen und finanziellen Aufsicht dürfen von den Organen derselben Hausdurchsuchungen nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen vorgenommen werden. Jedoch gelten auch hier die Vorschriften des vorhergehenden Paragraphes bezüglich der Ermächtigung zur Hausdurchsuchung und der Bescheinigung über deren Vornahme.

§ 4. Jede in Ausübung des Amtes oder Dienstes gegen die vorstehenden Bestimmungen vorgenommene Hausdurchsuchung ist im Falle des bösen Vorsatzes als Mißbrauch der Amtsgewalt (§ 101 des Strafgesetzes) außer diesem Falle aber als Übertretung gegen die Pflichten eines öffentlichen Amtes nach Vorschrift der §§ 331 und 332 des Strafgesetzes zu bestrafen.

Durch das Strafrechtsanpassungsgesetz, B.G.Bl. 422/1974 erhielt der § 4 folgende Fassung:
"§ 4. Jede in Ausübung des Amtes oder Dienstes gegen die vorstehenden Bestimmungen vorgenommene Hausdurchsuchung ist im Falle des bösen Vorsatzes als Mißbrauch der Amtsgewalt (§ 302 des Strafgesetzbuches) außer diesem Falle aber als fahrlässige Verletzung der Freiheit der Person oder des Hausrechtes nach § 303 StGB zu bestrafen."

§ 5. Die Hausdurchsuchungen zum Behufe der polizeilichen Aufsicht sind, so wie jene zum Zwecke der Strafgerichtspflege, nach den Vorschriften der Strafprozeßordnung vorzunehmen.

Die Vornahme der Hausdurchsuchungen zum Behufe der finanziellen Aufsicht hat nach den Bestimmungen des Gefällsstrafgesetzes zu geschehen.

Gefällstrafgesetz heute Finanzstrafgesetz

§ 6. Bei jeder Hausdurchsuchung, bei welcher nichts Verdächtiges ermittelt wurde, ist dem Beteiligten auf sein Verlangen eine Bestätigung hierüber zu erteilen.
 

Der Leiter Meines Justizministeriums und die Minister der Polizei und der Finanzen sind sind mit dem Vollzuge dieses Gesetzes beauftragt.

Franz Joseph
 


Quellen: Rechtsinformationsamt der Republik Österreich
Schäffer, Österreichische Verfassungs- und Verwaltungsgesetze, Manz Wien und C.H.Beck München
© 14. Dezember  2001 - 27. September 2012
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