Bundesverfassungsgesetz
vom 30. April 1934 BGBl. I Nr.  255/1934,
über außerordentliche Maßnahmen im Bereich der Verfassung

aufgehoben durch
Verfassungs-Überleitungsgesetz vom 1. Mai 1945, StGBl. 4/1945
 

Der Nationalrat hat beschlossen:

Artikel I. Die Bestimmungen des Artikels 44 Absatz 2 und des Artikels 50 des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 werden aufgehoben.

Artikel II. Die in der Anlage der Verordnung der Bundesregierung vom 24. April 1934, B.G.Bl. Nr. 239, kundgemachte Verfassungsurkunde des Bundesstaates Österreich wird unter Bekräftigung ihres rechtlichen Bestandes als Bundesverfassungsgesetz auch im Sinne der gegenwärtig geltenden Bundesverfassung erklärt. Die Bundesregierung wird ermächtigt, diese Verfassungsurkunde als "Verfassung 1934" beginnenden zweiten Teil des Bundesgesetzblattes 1934 als erste Verlautbarung kundzumachen.

Artikel III. (1) Der Nationalrat und der Bundesrat sind mit dem auf die Verlautbarung der Verfassung 1934 (Artikel II) folgenden Tag aufgelöst. Mit diesem Tage sind die Funktionen des Nationalrates und des Bundesrates erloschen.

(2) Alle, dem Nationalrat oder dem Bundesrat oder einem ihrer Ausschüsse oder Organe auf Grund des Bundes-Verfassungsgesetzes in der Fassung von 1929 oder eines anderen Gesetzes zustehenden Befugnisse, insbesondere die Zuständigkeit zur Gesetzgebung des Bundes einschließlich der Verfassungsgesetzgebung sowie die Zuständigkeit zu den im Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 vorgesehenen Akten der Mitwirkung des Nationalrates und des Bundesrates an der  Vollziehung des Bundes, werden auf die Bundesregierung übertragen. Die Bundesregierung ist insbesondere auch befugt, den Übergang zu der durch die Verfassung 1934 geschaffenen Neuordnung gemäß dem Artikel 182 Absatz 1 der Verfassung 1934 zu regeln und gemäß dem Artikel 182 Absatz 2 dieser Verfassung den Zeitpunkt des Beginnes der Wirksamkeit der Verfassung 1934 bestimmen.

Artikel IV. Mit der Vollziehung dieses Bundesverfassungsgesetzes ist die Bundesregierung betraut.

Miklas

Dollfuß, Fey, Schuschnigg, Neustädter-Stürmer,
Buresch, Stockinger, Schönburg, Ender, Kerber,
Schmitz

Das Bundesverfassungsgesetz 1934 war das "letzte" Verfassungsgesetz, das aufgrund der Bestimmungen der Verfassung von 1920/29 erlassen wurde, obwohl es nicht mehr nach den Bestimmungen dieser Verfassung erlassen wurde, da im Nationalrat nicht mehr die Hälfte der Mitglieder des Nationalrates bei der Beschlussfassung anwesend waren (76 der 165 Abgeordneten; 74 der 76 anwesenden Abgeordneten stimmten dem Gesetz zu). Aus diesem Grunde wurde dieses Bundesverfassungsgesetz 1945 nicht als rechtmäßig zustandegekommen betrachtet und übergangen.

Trotz der Verfassung von 1934 ist das Bundesverfassungsgesetz durch § 56 Absatz 3 des Verfassungsübergangsgesetzes 1934 bis 1938 in Kraft getreten, da es zu der verfassungsmäßigen Berufung der Mitglieder des Bundeskulturrates und des Bundeswirtschaftsrates nicht gekommen ist; aufgrund des Artikels III. Absatz 2 dieses Bundesverfassungsgesetzes wurde auch das Bundesverfassungsgesetz vom 13. März 1938, B.G.Bl. 75/1938, über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich erlassen.
 


Quellen: Fischer, Silvestri, Texte zur österr. Verfassungs-Geschichte, Geyer-Edition 1970
© 10. November  2002 - 30. September 2012
Home           Zurück          Top