Die Provisorische Landesversammlung von Niederösterreich hat folgendes Gesetz beschlossen:
Artikel I. (1) An Stelle der bisherigen Provisorischen Landesversammlung des Landes Niederösterreich tritt ein Landtag. Der erste Landtag wird für 2 Jahre gewählt und 16 Tage nach dem Wahltag nach Wien einberufen.
(2) Die provisorische Landesversammlung läuft am Wahltag ab. Die Funktion ihrer Mitglieder bleibt bis dahin aufrecht.
Artikel II. (1) In den Landtag werden 120 Landtagsabgeordnete nach dem System der Verhältniswahl gemäß der einen Bestandteil dieses Beschlusses bildenden Landtagswahlordnung auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechts aller Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechts gewählt, die am Tage der Verlautbarung der Wahlausschreibung in einer Gemeinde des Landes Niederösterreich ihren ordentlichen Wohnsitz und vor dem 1. Jänner 1919 das 20. Lebensjahr überschritten haben.
(2) Unter der Bedingung, daß für die Wahl in den dem Landtag entsprechenden Vertretungskörper eines deutschen Bundesstaates die Gegenseitigkeit gewährt wird, steht unter den gleichen Voraussetzungen das Wahlrecht in den Landtag auch den Angehörigen dieses Bundesstaates zu.
Artikel III. In betreff der Vertretung des einen integrierenden Bestandteil von Niederösterreich bildenden Znaimer Kreises und anderer allenfalls im Friedensschlusse oder durch Selbstbestimmungsrecht an Niederösterreich fallender Gebiete wird durch ein eigenes Landesgesetz vorgesorgt werden.
Artikel IV. Die Wahl wird vom Landesrat auf einen Sonntag ausgeschrieben.
Artikel V. Jeder gewählte Abgeordnete erhält von der Landeswahlbehörde (Wahlordnung § 8) einen Wahlschein, der ihn zum Eintritt in den Landtag berechtigt.
Artikel VI. (1) Die in den Landtag gewählten Abgeordneten (Landtagsabgeordneten) werden zur ersten Sitzung vom Landeshauptmann einberufen und haben sich vormittags um die elfte Stunde in dem von ihm bezeichneten Sitzungssaale zu versammeln.
(2) Die Sitzung wird durch den Landeshauptmann eröffnet. Dieser ladet den Ältesten des Landtages ein, einstweilen den Vorsitz zu führen.
Artikel VII. Die für die provisorische Landesversammlung bisher in Geltung gestandene Geschäftsordnung gilt solange für den Landtag, bis dieser eine eigene Geschäftsordnung beschlossen hat.
Artikel VIII. (1) Mit dem Vollzuge ist der Staatssekretär des Innern betraut, welcher mit der Durchführung die Landesregierung beauftragt.
(2) Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Kundmachung in Kraft.
Landtagswahlordnung
(für Niederösterreich)
ersetzt durch
Landesverfassungsgesetz des Landes
Niederösterreich-Land vom 9. März 1921 (LGBl. Nr.
102)
Gesetz des Landes Wien vom 24. Juli 1923 (LGBl. Nr.
75)
faktisch
aufgehoben durch
Landesverfassungsgesetz vom 29. Dezember 1921, mit
welchem die gemeinsame Landesverfassung von Niederösterreich außer Kraft gesetzt
wird (LGBl. Nr.
364)
§ 1. (1) Das Land Niederösterreich wird für die
Zwecke der Landtagswahlen in folgenden Wahlkreise eingeteilt:
Wien Innen-Ost, Wien Innen-West, Wien Nordwest, Wien Nordost,
Wien Südost, Wien Südwest, Wien West, Viertel ober dem Wienerwald, Viertel unter
dem Wienerwald, Viertel ober dem Manhartsberg, Viertel unter dem Manhartsberg.
(2) Die Gebietsabgrenzung der Wahlkreise ist aus dem einen Bestandteil dieser Wahlordnung bildenden Anhange ersichtlich.
§ 2. Die Wähler jedes Wahlkreises bilden den Wahlkörper. Jeder Wahlkörper wählt nach dem Verhältniswahlverfahren in den Landtag die im Anhange bezeichnete Zahl von Abgeordneten.
§ 3. (1) Jede Gemeinde ist Wahlort. Räumlich ausgedehnte Gemeinden sowie solche mit mehr als 2000 Einwohnern können zur Erleichterung der Wahl nach Bedarf in Wahlsprengel geteilt werden.
(2) Jeder Wähler übt sein Wahlrecht in der Ortsgemeinde, beziehungsweise in dem Wahlsprengel aus, wo er am Tage der Verlautbarung der Wahlausschreibung seinen ordentlichen Wohnsitz hat.
§ 4. (1) Wähler, die am Tage der Verlautbarung der Wahlausschreibung in aktiver militärischer Dienstleistung stehen, üben ihr Wahlrecht in dem Wahlorte, beziehungsweise in dem Wahlsprengel aus, in dem sie an diesem Tage gewohnt haben.
(2) Der Landesrat kann Anordnungen treffen, um Wahlberechtigten, die sich am Tage der Wahl infolge militärischer Verwendung, Spitalsbehandlung u. dgl. nicht in dem in § 3, Absatz 2, bezeichneten Wahlorte, beziehungsweise Wahlsprengel befinden, die Ausübung ihres Wahlrechtes zu ermöglichen.
§ 5. (1) Zur Durchführung und Leitung der Wahlen werden Wahlbehörden bestellt. Diese erkennen über alle in ihrem Bereiche sich in Wahlangelegenheiten ergebenden Streitfälle. Sie bleiben bis zur Ausschreibung der nächsten Landtagswahlen im Amte.
(2) Jeder Wahlbehörde werden durch den Wahlleiter die notwendigen Hilfskräfte und Hilfsmittel aus dem Stande der Behörde, der er vorsteht oder von der er entsendet ist, zugeteilt. Außerdem können Hilfsarbeiter auf Zeit im Vertragsverhältnisse herangezogen werden.
§ 6. (1) Für jeden Wahlort oder Wahlsprengel wird eine Ortswahlbehörde eingesetzt. Sie besteht aus dem Bürgermeister als Wahlleiter und zwei bis drei Beisitzern. Der Wahlleiter kann sich in allen Fällen durch einen von ihm entsendeten Vertreter ständig vertreten lassen.
(2) Am Sitze jeder politischen Bezirksbehörde wird aus deren Vorstand oder dem von ihm entsendeten Stellvertreter als Wahlleiter und vier bis sechs Beisitzern die Bezirkswahlbehörde gebildet. Ihr obliegt die Festsetzung und Abgrenzung der Wahlorte und Wahlsprengel im politischen Bezirke.
§ 7. (1) Für jeden Wahlkreis wird in dem im Anhange bezeichneten Vorort des Wahlkreises eine Kreiswahlbehörde eingesetzt. Sie besteht aus dem Vorstande der politischen Bezirksbehörde des Vorortes oder dem von ihm entsendeten Stellvertreter als Wahlleiter und aus vier bis sechs Beisitzern.
(2) Die Wahlleiter und Beisitzer der Kreiswahlbehörde dürfen nicht gleichzeitig einer Ortswahlbehörde angehören.
§ 8. (1) Für das Land Niederösterreich wird in Wien die Landeswahlbehörde eingesetzt; sie besteht aus dem Landeshauptmann oder einem von ihm entsendeten Stellvertreter als Vorsitzenden und aus zwölf Beisitzern, von denen drei ihrem Berufe nach dem richterlichen Stande angehören oder angehört haben. Die Hälfte der Beisitzer der Landeswahlbehörde ist auf Grund von Vorschlägen der Parteien in Wien, die andere Hälfte auf Grund von Vorschlägen der Parteien außerhalb Wiens zu berufen.
(2) Die Landeswahlbehörde führt die Oberaufsicht über die Kreis-, Bezirks- und Ortswahlbehörden, sieentscheidet endgültig in allen sich in ihrem Bereiche in Wahlangelegenheiten ergebenden Streitfällen.
§ 9. (1) Die nicht dem richterlichen Berufsstande entstammenden Beisitzerder Landeswahlbehörde und die Beisitzer der übrigen Wahlbehörden werden auf Grund von Vorschlägen der Parteien verhältnismäßig nach der bei den Wahlen in die konstituierende Nationalversammlung festgesetzten Stärke der Parteien berufen.
(2) Die Beisitzer der Landeswahlbehörde beruft der Landesrat, die Beisitzer der Kreiswahlbehörden die Landeswahlbehörde, die Beisitzer der Kreiswahlbehörden die Landeswahlbehörde, die Beisitzer der Bezirkswahlbehörden die Kreiswahlbehörde, die Beisitzer der Ortswahlbehörden die Bezirkswahlbehörde.
(3) Für jeden Beisitzer ist in gleicher Weise ein Ersatzmann zu berufen.
(4) Das Amt eines Mitgliedes der Wahlbehörde ist ein öffentliches Ehrenamt, zu dessen Annahme jeder Wahlberechtigte verpflichtet ist, der am Sitze der betreffenden Wahlbehörde seinen ordentlichen Wohnsitz hat.
(5) Inwieweit und in welcher Höhe Mitglieder der Wahlbehörde während der Dauer und nach Maßgabe ihrer tatsächlichen Inanspruchnahme für Verdienstentgang eine Entschädigung in Geld aus öffentlichen Mitteln erhalten, wird mit Vollzugsanweisung geregelt.
§ 10. Die Namen der im Sinne des § 9, Absatz 2 und 3, berufenen Mitglieder der Wahlbehörden sind sofort öffentlich bekannt zu geben.
III. Wahlrecht und Wählbarkeit.
§ 11. (1) Wahlberechtigt ist jeder deutschösterreichische Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechtes, der vor dem 1. Jänner 1919 das 20. Lebensjahr überschritten und am Tage der Verlautbarung der Wahlausschreibung seinen ordentlichen Wohnsitz in einer Gemeinde des Landes Niederösterreich hat.
(2) Unter den gleichen Voraussetzungen und unter der Bedingung, daß in den betreffenden Bundesstaate den deutschösterreichischen Staatsbürgern das Wahlrecht für den dem Landtage entsprechenden Vertretungskörper eingeräumt ist, sind auch die deutschen Reichsangehörigen wahlberechtigt, dieam Tage der Verlautbarung der Wahlausschreibung ihren ordentlichen Wohnsitz in einer Gemeinde des Landes Niederösterreich haben.
(3) Bezüglich welcher deutschen Bundesstaaten die Bedingung der Gegenseitigkeit erfüllt erscheint, wird von der Staatsregierung festgestellt und von der Landesregierung in der zu amtlichen Kundmachungen bestimmten Zeitung verlautbart.
§ 12. Wählbar ist ohne Unterschied des Geschlechtes jeder deutschösterreichische Staatsbürger, der vor dem 1. Jänner 1919 das 29. Lebensjahr überschritten hat.
§ 13. Vom Wahlrechte und von der Wählbarkeit sind ausgeschlossen:
a) Personen, die voll oder beschränkt entmündigt sind;
b) Personen, welche wegen eines Verbrechens oder wegen der Übertretung des
Diebstahls, der Veruntreuung, der Teilnehmung hieran, des Betruges, der Kuppelei
(§§ 460, 461, 463, 464 und 512 St. G.), wegen unredlicher Kreditgeschäfte (§ 1
des Gesetzes vom 28. Mai 1881, R. G. Bl. Nr. 47) oder Wuchers, (§§ 2, 3 und 4
der Kaiserlichen Verordnung vom 12. Oktober 1914, R. G. Bl. Nr. 275) oder
Vereitlung einer Zwangsvollstreckung (§ 1 des Gesetzes vom 25. Mai 1883, R. G.
Bl. Nr. 78) oder wegen Landstreicherei, Arbeitsscheu oder gewerbsmäßiger Unzucht
(§§ 1, 3 und 5 des Gesetzes vom 24. Mai 1885, R. G. Bl. Nr. 89) verurteilt
worden sind, ferner Frauenspersonen, die wegen gewerbsmäßiger Unzucht von der
Sicherheitsbehörde bestraft worden sind.
Die Folge der Verurteilung hat, wenn die Verurteilung nicht
schon früher getilgt wird, bei den in § 6, Zahl 1 bis 10, des Gesetzes vom 15.
November 1867, R. G. Bl. Nr, 131 aufgezählten Verbrechen mit dem Ende der
Strafe, bei anderen Verbrechen mit dem Ablaufe von zehn Jahren, wenn der
Schuldige zu einer wenigstens fünfjährigen Strafe verurteilt wurde, und außerdem
mit dem Ablaufe von fünf Jahren, bei den übrigen oben angeführten Straftaten
aber mit dem Ablaufe von drei Jahren nach dem Ende der Strafe aufzuhören;
c) Personen, welche wegen eines Vergehens gegen die strafrechtlichen
Bestimmungen zum Schutze der Wahlfreiheit verurteilt worden sind, wenn die
Tathandlung bei Wahlen zur Nationalversammlung oder zu den Landesversammlungen
begangen wurde, auf die im § 14 des Gesetzes vom 26. Jänner 1907, R. G. Bl. Nr.
18, festgesetzte Dauer, wenn die Verurteilung nicht schon früher getilgt wird;
d) Personen, welche unter Polizeiaufsicht gestellt oder in eine
Zwangsarbeitsanstalt abgegeben wurden, bis zum Ablauf von drei Jahren nach
Erlöschen der Polizeiaufsicht oder nach Entlassung aus der Zwangsarbeitsanstalt;
e) Personen, welche seitens des Gerichtes die väterliche Gewalt über ihre Kinder
entzogen wurde, solange die Kinder unter fremder Vormundschaft stehen,
jedenfalls aber während drei Jahren nach der gerichtlichen Verfügung;
f) Personen, welche wegen Trunkenheit mehr als zweimal zu einer Arreststrafe
verurteilt worden sind, für die Dauer von drei Jahren nach dem Ende der letzten
Strafe, wenn die Verurteilung nicht schon früher getilgt wird;
g) Frauenspersonen, welche unter sittenpolizeilicher Überwachung stehen.
§ 14. (1) Die Ortswahlbehörde verzeichnet die Wahlberechtigten des Wahlortes, beziehungsweise des Wahlsprengels im Orts- oder Sprengelwählerverzeichnisse. Das Verzeichnis wird nach Straßen und Hausnummern, beziehungsweise nur nach Hausnummern angelegt.
(2) Das Verzeichnis wird durch zehn Tage in einem allgemein zugänglichen Amtsraume aufgelegt; die Auflegung ist vorher öffentlich bekanntzumachen. Jedermann kann in das Verzeichnis Einsicht nehmen und davon Abschriften sowie Vervielfältigungen herstellen.
§ 15. (1) Gegen das Wählerverzeichnis kann jede Person, der in dem betreffenden Wahlkörper das Wahlrecht zusteht, innerhalb von zehn Tagen, vom ersten Tage der Auflegung an gerechnet, wegen Aufnahme vermeintlich nicht Wahlberechtigter oder wegen Nichtaufnahme vermeintlich Wahlberechtigter schriftlich oder mündlich bei der Ortswahlbehörde Einspruch erheben.
(2) Personen, gegen deren Aufnahme in die Wählerliste Einspruch erhoben wurde, sind hiervon von der Wahlbehörde innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach Einlangen des Einspruches mit dem Beifügen zu verständigen, daß es ihnen freisteht, sich hierüber beim Leiter der Wahlbehörde binnen 24 Stunden mündlich oder schriftlich zu äußern.
(3) Der Einspruch ist für jeden Einspruchsfall abgesondert zu überreichen.
§ 16. (1) Über den Einspruch entscheidet die Ortswahlbehörde innerhalb dreier Tage. Die Entscheidung wird im Wählerverzeichnisse sofortersichtlich gemacht und demjenigen, der den Einspruch erhoben hat sowie auch dem durch die Entscheidung Betroffenen mitgeteilt.
(2) Jede Person, der in dem betreffenden Wahlkörper das Wahlrecht zusteht, kann die Berufung innerhalb dreier Tage nach Eintragung der Entscheidung in das Wählerverzeichnis oder binnen drei Tagen von dem der Zustellung der Entscheidung nachfolgenden Tage an gerechnet, bei der Ortswahlbehörde an die Kreiswahlbehörde einbringen.
(3) Die Kreiswahlbehörde entscheidet innerhalb von drei Tagen nach Einlangen der Beschwerde endgültig.
§ 17. (1) Nach Abschluß des Einspruchs- und Berufungsverfahrens ist das Wählerverzeichnis richtig zu stellen, abzuschließen und der Kreiswahlbehörde in Abschrift vorzulegen.
(2) An der Wahl nehmen nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im richtiggestellten und abgeschlossenen Wählerverzeichnisse enthalten sind.
(3) Wahlberechtigte Mitglieder einer Ortswahlbehörde können ihr Wahlrecht bei der Ortswahlbehörde ausüben, deren Mitglied sie sind.
§ 18. (1) Wählergruppen, die sich an der Wahlwerbung beteiligen (Parteien), haben ihre Wahlvorschläge spätestens 14 Tage vor dem Wahltage der Kreiswahlbehörde vorzulegen.
(2) Der Wahlvorschlag muß von wenigstens 100 Wählern des
Wahlkreises unterschrieben sein; er muß enthalten:
1. die unterscheidende Parteibezeichnung;
2. die Parteiliste, das ist ein Verzeichnis von höchstens doppelt so vielen
Bewerbern, als im Wahlkreise abgeordnete zu wählen sind, in der beantragten, mit
arabischen Ziffern bezeichneten Reihenfolge;
3. die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters der Partei.
§ 19. (1) Die Wahlvorschläge der Parteien werden nach dem Zeitpunkte ihrer Einbringung gereiht.
(2) Wenn mehrere Wahlvorschläge dieselben oder schwer unterscheidbare Parteibezeichnungen tragen, so hat der Kreiswahlleiter die Vertreter dieser Wahlvorschläge zu einer gemeinsamen Besprechung zu laden und ein Einvernehmen über die Unterscheidung der Parteibezeichnungen anzubahnen. Gelingt ein Einvernehmen nicht, so kann die Kreiswahlbehörde nach ihrer Kenntnis der Parteiverhältnisse einen, mehrere oder sämtliche Wahlvorschläge so behandeln, als ob sie ohne ausdrückliche Parteibezeichnung (§ 20) eingereicht wären.
§ 20. (1) Wahlvorschläge ohne ausdrückliche Parteibezeichnung werden nach dem erstvorgeschlagenen Bewerber benannt.
(2) Wenn ein Wahlvorschlag keinen zustellungsbevollmächtigten Vertreter anführt, so gilt der Erstunterzeichnete als Vertreter der Partei.
§ 21. (1) JedePartei hat im Wahlvorschlage oder in einer besonderen Eingabe an die Kreiswahlbehörde ihre Anträge über die zu berufenden Beisitzer der Bezirkswahlbehörden (§ 9) zu stellen.
(2) Ferner hat jede Partei in eienr Eingabe an die Bezirkswahlbehörde ihre Anträge über die zu berufenden Beisitzer der Ortswahlbehörden zu stellen sowie jene Personen zu bezeichnen, die bei der Wahlhandlung in jedem Wahllokale als Wahlzeugen (Vertrauensmänner) dienen sollen.
(3) In jedes Wahllokal können von jeder Partei zwei Wahlzeugen entsendet werden; sie erhalten von der Bezirkswahlbehörde einen Eintrittschein.
§ 22. Die Wahlbehörde überprüft, ob die in den Parteilisten vorgeschlagenen Bewerber wählbar sind (§ 12).
§ 23. Wenn ein Bewerber verzichtet, stirbt, die Wählbarkeit verliert oder nach § 22 gestrichen wird, so kann die Partei ihre Parteiliste durch Nennung eines anderen Bewerbers ergänzen. Die Ergänzungsvorschläge müssen jedoch spätestens acht Tage vor der Wahl bei der Kreiswahlbehörde einlangen.
§ 24. Spätestens sechs Tage vor der Wahl schließt die Kreiswahlbehörde die Parteilisten ab und veröffentlicht sie in der Reihenfolge der Einbringung. Die Veröffentlichung erfolgt in ortsüblicher Weise. Der Inhalt des Wahlvorschlages muß aus der Veröffentlichung ersichtlich sein.
§ 25. (1) Die Wahlen werden vom Landesrat durch Verlautbarung in der für dessen amtlichen Kundmachungen bestimmten Zeitung (Landesgesetzblatt) ausgeschrieben.
(2) Die Ausschreibung wird ortsüblich kundgemacht.
(3) Die Bezirkswahlbehörde bestimmt im Einvernehmen mit den Ortswahlbehörden für jeden Wahlort oder Wahlsprengel das Wahllokal und die Wahlzeit.
(4) Im Gebäude des Wahllokals und in einem von der Bezirkswahlbehörde durch ortsübliche Kundmachung bezeichneten Umkreis, ist am Wahltage jede Art der Wahlbewerbung sowie das Tragen von Waffen jeder Art verboten.
(5) Der Ausschank von geistigen Getränken ist am Wahltag, am Tage vor und am Tage nach der Wahl allgemein verboten.
§ 26. Im Wahllokale befindet sich der Amtstisch für die Wahlbehörde, in seiner unmittelbaren Nähe ein Tisch für die Wahlzeugen, dann die Wahlzelle; in der Wahlzelle steht ein Tisch mit Schreibstiften. Für die Einrichtung der Wahllokale haben die Gemeinden vorzusorgen.
§ 27. (1) Der Wähler tritt vor die Wahlbehörde, nennt seinen Namen, bezeichnet seine Wohnung, legt eine Urkunde oder sonstige amtliche Bescheinigung vor, aus der sein Personenstand ersichtlich ist, und erhält daraufhin das undurchsichtige Wahlkuvert und auf Verlangen einen unangefüllten Stimmzettel.
(2) Der Wähler hat sich hierauf in die Wahlzelle zu begeben, den ausgefüllten Stimmzettel in das Kuvert zu legen und tritt dann aus der Zelle und übergibt das Kuvert geschlossen dem Wahlleiter, der es uneröffnet in die Wahlurne legt.
(3) Der Name des Wählers wird im Wählerverzeichnisse abgestrichen und in ein eigenes Abstimmungsverzeichnis fortlaufend eingetragen. Hierauf verläßt der Wähler das Wahllokal.
(4) Blinde und Bresthafte können sich von einer Geleitperson führen und diese für sich abstimmen lassen.
(5) Besitzt der Wähler einer Gemeinde unter 2000 Einwohnern eine Urkunde oder Bescheinigung der erwähnten Art nicht, so ist er dennoch zur Abstimmung zuzulassen, wenn er der Mehrheit der Mitglieder der Wahlbehörde persönlich bekannt ist. Dieser Umstand ist in der Niederschrift über den Wahlvorgang ausdrücklich zu vermerken.
§ 28. (1) Das bei den Wahlen zur Verwendung gelangende Wahlkuvert wird aus undurchsichtigem Papier hergestellt. Der Stimmzettel muß von weichem Papier sein.
(2) Der Wahlleiter hat einen entsprechenden Vorrat unausgefüllter Stimmzettel zur Ausfolgung an die Wähler über deren Verlangen bereit zu halten.
(3) Die Ausfüllung des Stimmzettels kann durch Schrift, Druck oder andere Vervielfältigung erfolgen.
(4) ´Zur Gültigkeit eines Stimmzettels ist erforderlich, daß er deutlich die Parteibezeichnung einer der von der Kreiswahlbehörde amtlich verlautbarten Parteilisten oder wenigstens einen Namen, der auf einer dieser Parteilisten verzeichneten Wahlwerber enthält.
(5) Durch Streichung von Namen oder durch Aufnahme von Namen anderer Parteilisten oder von Namen anderer Personen überhaupt verliert ein gedruckter oder auf sonstige Art vervielfältigter Stimmzettel seine Gültigkeit nicht.
(6) Der Stimmzettel ist ungültig, wenn er zwei oder mehrere Parteibezeichnungen enthält oder wenn er gar keine Parteibezeichnungen enthält oder wenn er gar keine Parteibezeichnung, wohl aber zwei oder mehrere Namen verschiedener Parteilisten aufweist.
(7) Stimmzettel, die unter Bedingungen oder mit Beifügung von Aufträgen abgegeben werden, sind ungültig.
(8) Wenn sich in einem amtlichen Wahlumschlage mehrere gültige Stimmzettel befinden, zählen sie für einen Stimmzettel, falls sie auf die gleiche Parteiliste lauten; lauten sie auf verschiedene für die Landtagswahlen eingereichte Parteilisten, so sind alle im Wahlumschlage befindlichen, für die Landtagswahlgen lautenden Stimmzettel ungültig.
(9) Über die Gültigkeit des Stimmzettels entscheidet die Wahlbehörde.
§ 29. Wenn die für die Wahlhandlung festgesetzte Wahlzeit abgelaufen ist und alle bis dahin im Wahllokale oder in dem von der Ortswahlbehörde bestimmten Warteraum erschienenen Wähler gestimmt haben, erklärt die Wahlbehörde die Wahlhandlung für geschlossen; sie entleert die Wahlurne, zählt die abgegebenen Kuverts und stellt die Übereinstimmung ihrer Zahl mit der Zahl der im Abstimmungsverzeichnisse eingetragenen Wähler fest. Sodann eröffnet sie die Kuverts, prüft die Gültigkeit der Stimmzettel, stellt die Zahl der ungültigen Stimmzettel fest, ordnet die gültigen nach Parteilisten und stellt die auf jede Parteiliste entfallende Zahl von Stimmen (die Parteisumme) fest.
§ 30. (1) Die Wahlbehörde beurkundet den Wahlvorgang in einer eigenen Niederschrift. Diese Niederschrift enthält die Bezeichnung der Mitglieder der Wahlbehörde, die Zeit des Beginnes und des Schlusses der Wahlhandlung sowie allfälliger Unterbrechungen, die Entscheidungen der Wahlbehörde über die Zulassung oder Nichtzulassung von Wählern, die sonstigen Verfügungen der Wahlbehörde, endlich außergewöhnliche Vorkommnisse während der Wahlhandlung. Außerdem ist darin anzugeben, wie viel männliche und weibliche Wähler abgestimmt haben.
(2) Der Niederschrift wird das Wählerverzeichnis und das Abstimmungsverzeichnis angeschlossen.
(3) Die in § 29 bezeichneten Feststellungen werden in die Niederschrift eingetragen. Diese wird daraufhin geschlossen, von den Mitgliedern der Wahlbehörde gefertigt und samt den Stimmzetteln unter Siegel genommen.
(4) Damit ist die Wahlhandlung beendet.
§ 31. Der versiegelte Wahlakt (§ 30) wird der Kreiswahlbehörde eingesendet. Diese überprüft die Wahlergebnisse der örtlichen Wahlen und stellt sie im vorbereiteten Kreiswahlprotokolle zusammen.
§ 32. Die Kreiswahlbehörde ermittelt die Gesamtzahl der im Wahlkreise abgegebenen gültigen Stimmen (Gesamtsumme) sowie die Summen der auf jede Partei entfallenden Stimmen (Parteisummen) und stellt zunächst fest, auf wie viele Vertreter jede Partei Anspruch hat.
§ 33. (1) Auf die Parteilisten werden die zu vergebenden Abgeordnetensitze mittels der Wahlzahl verteilt. Die Wahlzahl wird, wie folgt, berechnet:
(2) Die Parteisummen werden, nach ihrer Größe geordnet, nebeneinander geschrieben; unter jede Parteisumme wird die Hälfte geschrieben, darunter das Drittel, das Viertel, das Fünftel, das Sechstel usw.
(3) Die im sinne des Absatzes 2 ermittelten Bruchzahlen werden zusammen mit den Parteisummen nach ihrer Größe geordnet, wobei mit der größten Parteisumme begonnen wird. Als Wahlzahl gilt die Zahl, welche in der Reihe die sovielte ist, als die Zahl der in dem Wahlkreise zu vergebenden Abgeordnetensitze beträgt, also zum Beispiel bei fünf Sitzen die fünftgrößte.
(4) Jede Partei erhält soviele Sitze, als die Wahlzahl in ihrer Parteisumme enthalten ist.
§ 34. Wenn nach dieser Berechnung (§ 33) zwei Parteien auf einen Sitz denselben Anspruch haben, so entscheidet zwischen ihnen das Los.
§ 35. (1) Von jeder Parteiliste sind so viele Bewerber als ihr Sitze zukommen, und zwar der Reihe nach wie sie im Wahlvorschlage angeführt sind, von der Wahlbehörde als gewählt zu erklären; ihre Namen sind zu verlautbaren.
(2) Ist ein Wahlbewerber auf mehreren Listen gewählt, so hat er binnen vierzehn Tagen an die Landeswahlbehörde zu erklären, für welche Parteiliste er sich entscheidet. Auf allen anderen Listen wird er gestrichen. Wenn er sich in der vorgesetzten Frist nicht erklärt, entscheidet für ihn die Landeswahlbehörde.
(3) Nichtgewählte sind Ersatzmänner für den Fall, daß einer ihrer Vordermänner derselben Liste in Abgang kommt; die Reihenfolge, in der sie die Eigenschaft von Ersatzmännern erlangen, bestimmt sich nach der Reihenfolge des Wahlvorschlages.
§ 36. (1) Wenn in einen Wahlkreise die Hälfte der Sitze durch den Abgang der gewählten Abgeordneten und Ersatzmänner erledigt ist, so verlieren auch alle anderen Abgeordneten und Ersatzmänner ihr Mandat und ist binnen drei Monaten eine Neuwahl für den Wahlkreis durchzuführen.
(2) Eine solche Neuwahl wird für den Wahlkreis auch dann sofort ausgeschrieben, wenn der Wahlgerichtshof die Wahl wegen Ungesetzlichkeit für nichtig erklärt hat.
§ 37. (1) Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens bezeichnet die Kreiswahlbehörde die Wahlzahl und das Wahlergebnis im Protokolle, fertigt es, versiegelt den Wahlakt, und zwar gesondert das Kreiswahlprotokoll und die übrigen Akten und sendet ersteres an die Landeswahlbehörde.
(2) Die Einsendung wird kundgemacht. Wenn binnen 14 Tagen nach Einlangen des Kreiswahlprotokolles von dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer Partei gegen die Ermittlung des Wahlergebnisses Einspruch erhoben wird, so ist der Landeswahlbehörde der übrige Wahlakt zu übersenden und überprüft die Landeswahlbehörde auf Grund der eingesendeten Schriftstücke die Wahlhandlung. Ergibt sich aus diesen Schriftstücken die Unrichtigkeit der Ermittlung, so kann die Landeswahlbehörde sofort das Ergebnis richtigstellen, die Verlautbarung der Kreiswahlbehörde für nichtig erklären und das richtige Ergebnis verlautbaren. Andernfalls wird der Beschwerdeführer an den Wahlgerichtshof verwiesen.
§ 38. (1) Über Beschwerde wegen Ungesetzlichkeit der Wahlhandlung entscheidet der mit dem Gesetze vom 6. Februar 1919, St. G. Bl. Nr. 90, eingesetzte Wahlgerichtshof.
(2) Die Bestimmungen des ebenerwähnten Gesetzes finden auch auf die Wahlen in den Landtag sinngemäß Anwendung.
§ 39. Wenn die Wahlen infolge von Krieg, von inneren Unruhen, Störungen des Verkehrs oder aus anderen Gründen nicht gemäß den Vorschriften dieser Wahlordnung durchgeführt werden können und hierdurch die Bildung des Landtages überhaupt oder die Ausübung des Wahlrechtes der Einwohner größerer Gebiete des Landes unmöglich wird, so kann der Landesrat die Vornahme dieser Wahlen außerhalb des Wahlortes, die unmittelbare Einsendung der Stimmzettel an die Landeswahlbehörde sowie jene sonstigen Änderungen an den Vorschriften dieser Wahlordnung verfügen, die zur Ausübung des Wahlrechtes unabweislich geboten sind.
§ 40. Die Landeswahlbehörde kann, wenn die Umstände eine Beschleunigung der Wahl erfordern, zur Abkürzung des Wahlverfahrens anordnen, daß im Einspruchs und Berufungsverfahren (§ 16) die Fristen verkürzt werden und von der Vorlage der Ortswählerverzeichnisse an die Kreiswahlbehörde (§ 17) abzusehen ist.
§ 41. Der Landesrat ist ermächtigt, alle zur Durchführung dieser Wahlordnung erforderlichen Verfügungen, insbesondere auch über die Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Verzeichnung der Wahlberechtigten zu treffen; die Landesregierung kann für die Übertretung der vorerwählten Verpflichtung angemessene Geld- und Arreststrafen festsetzen.
Der
Landeshauptmann:
Steiner m. p.
Der Landesamtsdirektor:
Castell m. p.
Der Staatskanzler als Leiter des Staatsamtes für Inneres und
Unterricht:
Renner m. p.
Anhang
zu § 1 der Landtagswahlordnung.