Gesetz
vom 17. Juni 1930
betreffend die Geschäftsordnung des oberösterreichischen Landtages.

in Kraft getreten am 30. April 1931

aufgehoben durch
Verordnung betr. die Geschäftsordnung des oberösterreichischen Landtages und die Abänderung einiger Bestimmungen der Landesverfassung vom 29. Oktober 1934
(LGBl. Nr. 68 S. 203)

faktisch wieder in Kraft gesetzt durch
Verfassungs-Überleitungsgesetz vom 1. Mai 1945 (StGBl. Nr. 4/1945)
Vorläufige Verfassung vom 1. Mai 1945 (StGBl. Nr. 5/1945, § 2).
Verfassungsgesetz vom 12. Oktober 1945 (StGBl. Nr. 196/1945).
(mit Wirkung vom 19. Dezember 1945)

aufgehoben durch
Gesetz vom 4. März 1954 (LGBl Nr. 37).

Der oberösterreichische Landtag hat beschlossen:

I.
Einberufung und Schließung des Landtages. Vorsitz, Eröffnung und Schließung der Sitzung.

§ 1. Der neugewählte Landtag wird vom bisherigen Landeshauptmann innerhalb vier Wochen nach der Wahl einberufen. (Art. 12, L.-V. G.)

Bis nach erfolgter Konstituierung des neugewählten Landtages führt der bisherige Landeshauptmann den Vorsitz. (Art. 16, L.-V. G.)

Die Einberufung zu den Sitzungen des Landtages nach der Konstituierung erfolgt durch den jeweiligen Landeshauptmann, der auch den Vorsitz führt. (Art. 13 und 17, L.-V. G.)

Der Landtag kann einen oder mehrere Stellvertreter des Vorsitzenden wählen, deren Zahl durch Landtagsbeschluß für die ganze Dauer der Gesetzgebungsperiode festgesetzt wird. (Art. 17, L.-V. G.)

Die Vorsitzenden-Stellvertreter sind zur Unterstützung des Vorsitzenden in der Leitung der Verhandlungen des Landtages berufen. (Art. 17, L.-V. G.)

Der Vorsitzende eröffnet und schließt die Sitzung.

§ 2. Der Landeshauptmann ist verpflichtet, den Landtag binnen 14 Tagen einzuberufen, wenn es die Landesregierung oder wenigstens ein Viertel der Mitglieder des Landtages schriftlich unter Bezeichnung der zu behandelnden Gegenstände verlangt. (Art. 19, L.-V. G.)

Vor Ablauf der Gesetzgebungsperiode kann der Landtag durch einfaches Gesetz seine Auflösung beschließen (Art. 14, L.-V. G.)

Bei Auflösung des Landtages sowie bei Ablauf der Gesetzgebungsperiode sind alle nich anhängigen Anträge, Anfragen und Bittschriften als für den Landtag nicht eingebracht angesehen und beim Amte der Landesregierung zu hinterlegen.

II.
Wahlbescheinigung, Berechtigung zum Eintritt in den Landtag.

§ 3. Das Präsidium der Landesregierung nimmt die von der Landeswahlbehörde ausgestellten Bescheinigungen entgegen.

Die Wahlbescheinigung berechtigt das gewählte Mitglied des Landtages zum Eintritt in den Landtag (Art. 10, L.-V. G.) und begründet insolange die Vermutung der Gültigkeit seiner Wahl, bis das Gegenteil erkannt ist. Es hat daher, selbst wenn seine Wahl beanständet wird, Sitz und Stimme im Landtag, solange die Ungültigkeitserklärung nicht erfolgt ist.

§ 4. Bei Beginn einer Gesetzgebungsperiode beruft der Vorsitzende die drei jüngsten anwesenden Mitglieder als vorläufige Schriftführer.

§ 5. Die Mitglieder des Landtages haben bei ihrem Eintritt in den Landtag über Aufforderung des Vorsitzenden unverbrüchliche Treue dem Lande Oberösterreich und der demokratischen Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Gesetze und gewissenhafte Erfüllung ihrer Pflichten zu geloben. (Art. 27, L.-V. G.)

Der Vorsitzende verliest zu diesem Zwecke nachstehende Angelobungsformel:
    "Sie werden dem Lande Oberösterreich und der demokratischen Republik Österreich unverbrüchliche Treue, stete und volle Beobachtung der Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten geloben."

Hierauf wird jedes Mitglied des Landtages mit Namen aufgerufen, worauf es von seinem Platze aus stehend die Worte zu sprechen hat:
    "Ich gelobe".

§ 6. Wird die Wahl eines Mitgliedes des Landtages, dem die Wahlbescheinigung verweigert wurde, für gültig erklärt, so ist es durch den Landeshauptmann zum Eintritt in den Landtag aufzufordern; ebenso erfolgt auch die Einberufung von Ersatzmännern (§ 37 L. W. O.) durch den Landeshauptmann.

III.
Öffentlichkeit der Sitzungen.

§ 7. Die Sitzungen des Landtages sind öffentlich, die Verhandlungssprache ist die deutsche.

Ausnahmsweise kann eine vertrauliche Sitzung gehalten werden, wenn es entweder vom Vorsitzenden oder von wenigstens einem Fünftel der anwesenden Mitglieder verlangt und nach Entfernung der Zuhörer vom Landtag beschlossen wird. (Art. 5 und 20, L.-V. G.)

§ 8. Die Zuhörer haben sich jeder Äußerung zu enthalten. Wenn sich dieselben herausnehmen, die Beratungen in irgend einer WEise zu stören oder gar die Freiheit derselben zu beirren, so ist der Vorsitzende berechtigt und verpflichtet, nach vorausgegangener fruchtloser Mahnung zur Ordnung die Zuhörer aus dem Sitzungssaale entfernen zu lassen.

Diese Maßnahme hat sich auf die Pressevertreter in der Regel nicht zu erstrecken. Ein Pressevertreter ist nur dann zu entfernen, wenn er selbst den im ersten Absatz dieses Paragraphen bezeichneten Tatbestand gesetzt hat.

Nach Entfernung der Zuhörer wird die Sitzung fortgesetzt und der Eintritt von Zuhörern in die Sitzung nicht mehr gestattet.

Zum Eintritte in den Pressevertreterraum ist die Bewilligung seitens des Landeshauptmannes erforderlich, welche jederzeit wieder zurückgezogen werden kann.

IV.
Präsidium, Wahl der Landesregierung, Büro, Obmännerkonferenz und Kanzlei.

§ 9. Zu Beginn einer Gesetzgebungsperiode wird der Landeshauptmann vom Landtage mit einfacher Stimmenmehrheit gewählt. Bei Stimmengleichheit ist jener gewählt, der der stärkeren im Landtage vertretenen Partei anzurechnen ist. (Artikel 32, L.-V. G.)

Hierauf beschließt der Landtag, ob bei der Wahl der übrigen Mitglieder der Landesregierung der Landeshauptmann auf die Liste seiner Partei anzurechnen ist. (Art. 32, L.-V. G.)

Sodann erfolgt die Wahl dieser Mitglieder nach den Bestimmungen des Artikels 32 des Landes-Verfassungsgesetzes.

Auf die Bestellung einzelner Mitglieder der Landesregierung finden die Bestimmungen des Absatzes 3 sinngemäße Anwendung.

Nach der Wahl der Landesregierung beschließt der Landtag über die Bestellung bezw. über die Zahl von Stellvertretern des Vorsitzenden.

Sodann erfolgt über Vorschlag der drei größten im Landtage vertretenen Parteien die Bestellung von drei Schriftführern und von drei Ordnern.

Der Landeshauptmann, gegebenenfalls die Vorsitzenden-Stellvertreter, die Schriftführer und die Ordner bilden in ihrer Gesamtheit das Büro des Landtages.

§ 10. In der ersten Sitzung des Landtages haben nach der Angelobung der Mitglieder des Landtages die Klubs (Fraktionen), zu denen sich die Mitglieder des Landtages zusammengeschlossen haben, ihre Bildung dem Vorsitzenden anzuzeigen.

Die Anzeige hat den Namen des Klubs (Fraktion), Zahl und Namen seiner Mitglieder unter Bezeichnung des Obmannes und des Obmannstellvertreters zu enthalten.

Die Anzeige gilt, solange und soferne nicht durch die Leitung des Klubs (Obmann oder Obmannstellvertreter) eine Änderung beim Vorsitzenden angemeldet wird.

Der Vorsitzende veranlaßt die Verlesung der Anzeigen und ihrer Änderungen im Landtage und ihren Beischluß zu den Niederschriften über die Sitzungen.

Wo das Landes-Verfassungsgesetz oder diese Geschäftsordnung die Entsendung der Vertreter von der Parteienstärke abhängig macht (Artikel 31, L.-V. G. bezw. §§ 9, 23, G. O.), ist hiefür die Anzahl der Mitglieder der angemeldeten Klubs (Fraktionen) maßgebend. Dieses Recht ist unabhängig von der Anwesenheit der Mitglieder der einzelnen Klubs (Fraktionen).

Die von den einzelnen Klubs (Fraktionen) gewählten Obmänner und deren Stellvertreter bilden die vom Vorsitzenden fallweise zu berufende Obmännerkonferenz.

§ 11. Der Vorsitzende wacht über die Wahrung der Würde und der Rechte des Hauses sowie über die Beobachtung der Geschäftsordnung, leitet die Verhandlungen, erteilt das Wort, nimmt Vorschläge zur Geschäftsbehandlung und Anträge entgegen, stellt die Fragen zur Abstimmung und spricht das Ergebnis der letzteren aus. Er überwacht die Geschäftsführung des Büros und der Kanzlei des Landtages und die Ordnung im Innern des Hauses; er hat das Recht, die Sitzung zu unterbrechen oder aufzuheben, Ruhestörer von der Galerie entfernen und diese im äußersten Falle räumen zu lassen.

Der Vorsitzende hat das Recht der Eröffnung und Zuteilung aller an den Landtag gelangenden Eingaben und ist das Organ des Landtages in allen seinen Beziehungen nach außen.

Es ist dem Ermessen des Landeshauptmannes bezw. Vorsitzenden freigestellt, ob und in welchen Fällen er einzelne Angelegenheiten einer Beratung durch die Obmännerkonferenz unterziehen will.

§ 12. Ein Schriftführer kann während einer Gesetzgebungsperiode eine Wiederwahl ablehnen. Die Schriftführer unterstützen den Vorsitzenden bei der Mitteilung des Einlaufes und bei der Ermittlung der Abstimmungs- und Wahlergebnisse und veranlassen nach Weisung des Vorsitzenden die infolge der gefaßten Beschlüsse notwendigen Ausfertigungen.

Den Schriftführern ist ein Beamter des Landes beizustellen, welcher den Sitzungen beizuwohnen und die amtliche Niederschrift zu führen hat.

§ 13. Den Ordnern obliegt die Handhabung der Hausordnung, welche vom Büro des Hauses festgestellt wird.

§ 14. Die Besorgung der gesamten Kanzleigeschäfte des Landtages, die Drucklegung der Ausschußberichte und Anträge, die Aufsicht über das Kurzschriftamt, sowie nach beendeter Gesetzgebungsperiode die Geschäftsübergabe an die Landesregierung erfolgt unter Aufsicht des Vorsitzenden durch die vom Landeshauptmann bestellte Kanzlei des Landtages.

V.
Die Mitglieder des Landtages.

§ 15. Die Mitglieder des Landtages haben die Verpflichtung, an dessen Verhandlungen und Arbeiten teilzunehmen. Der Verlust des Mandates ist durch die Landesverfassung geregelt.

§ 16. Urlaube bis zur Dauer von 4 Wochen erteilt der Vorsitzende.

Urlaube von längerer Dauer kann nur der Landtag erteilen.

Außer dem Falle der Erteilung eines Urlaubes kann die Abwesenheit nur durch Krankheit sowie durch schwere Erkrankung oder Tod eines Familienmitgliedes entschuldigt werden.

§ 17. Die Bezüge der Mitglieder des Landtages werden durch Beschluß des Landtages gegebenenfalls bei Verabschiedung des Voranschlages festgesetzt. (Art. 10, L.-V. G.)

Es ist den Mitgliedern des Landtages nicht gestattet, auf diese Bezüge zu verzichten.

VI.
Verhandlungsgegenstände.

§ 18.

§ 19.

§ 20.

§ 21.

§ 22.

VII.
Ausschüsse.

§ 23. Nach dem Ermessen des Landtages werden zum Zwecke der Vorberatung für bestimmte Gattungen von Geschäften ständige oder für einzelne Geschäfte besondere Ausschüsse gebildet. Die Anzahl der Mitglieder und Ersatzmänner eines Ausschusses wird vom Landtage festgesetzt.

Die Wahlen in den Ausschuß finden nach dem Verhältniswahlverfahren statt und sind hiefür die in der Landtagswahlordnung festgelegten Bestimmungen sinngemäß anzuwenden.

Wird von keiner Seite Widerspruch erhoben, so kann die Besetzung der Stellen durch Zuruf auf eine von den Klubs (Fraktionen) vereinbarte Liste erfolgen.

§ 24.

§ 25.

§ 26.

§ 27.

§ 28.

§ 29.

§ 30.

§ 31.

§ 32.

VIII.
Verhandlung in der Vollsitzung.

§ 33.

§ 34.

IX.
Abänderungs- und Zusatzanträge, Abkürzungsanträge, Anfragen.

§ 35.

§ 36.

§ 37.

§ 38.

§ 39.

§ 40.

§ 41.

§ 42.

§ 43.

§ 44.

§ 45.

§ 46.

XI.
Disziplinarmittel.

§ 47.

§ 48.

§ 49.

§ 50.

XII.
Abstimmung.

§ 51.

§ 52. Zur Beschlußfassung im Landtage ist die Anwesenheit von mindestens der Hälfte der verfassungsmäßigen Anzahl der Mitglieder und zur Gültigkeit eines Beschlusses die absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich (Art. 23, L.-V. G.)

Der Vorsitzende beteiligt sich, ausgenommen bei Wahlen, nicht an der Abstimmung.

Bei Stimmengleichheit ist der in Beratung gezogene Antrag als abgelehnt anzusehen.

Zu einem Beschlusse über beantragte Änderung der Landesverfassung und der Landtagswahlordnung ist die Anwesenheit von mindestens 36 Mitgliedern des Landtages und die Zustimmung von mindestens Zweidrittel der Anwesenden erforderlich (Art. 23, L.-V. G.)

§ 53.

§ 54.

§ 55.

§ 56.

§ 57.

XIII.
Niederschrift und kurzschriftliche Berichte.

§ 58.

XIV.
Verkehr nach außen; Eingaben und Bittschriften.

§ 59. Abordnungen dürfen in die Versammlungen der Vollsitzung und der Ausschüsse nicht zugelassen, Eingaben und Bittschriften dürfen nur dann angenommen werden, wenn sie durch ein Mitglied des Landtages überreicht werden.

Der Landtag und seine Ausschüsse dürfen nach außen nur durch den Vorsitzenden des Landtages verkehren.

XV.
Abänderung der Geschäftsordnung.

§ 60. Zu einem Beschlusse auf Abänderung dieser Geschäftsordnung ist die Anwesenheit von mindestens 36 Mitgliedern des Landtages und eine Zweidrittel-Mehrheit der abgegebenen Stimmen erforderlich. (Art. 18, L.-V. G.)

 

Der Landeshauptmann:
Dr. Schlegel.

Der Landesamtsdirektor:
Attems.

 

Die vorstehende Geschäftsordnung ist zwar formalrechtlich kein Verfassungsgesetz, da es jedoch nur in dem Verfahren geändert werden kann, wie auch für die Verfassung vorgeschrieben, hat das Gesetz eine faktisch erhöhte Rechtsstellung.

Das Gesetz wurde zwar zum gleichen Zeitpunkt wie das Landes-Verfassungsgesetz 1930 verabschiedet, aber erst ein Jahr nach dem Landes-Verfassungsgesetz verkündet.


Quellen:  Landesgesetzblatt für das Land Oberösterreich Jg. 1931 Nr. 38 Seite 109
© 25. Juni 2008 - 27. Juni 2008


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