Landtagswahlordnung für das Land Steiermark

vom 13. März 1919

aufgehoben durch
Gesetz vom 15. September 1920, betreffend die Wahlordnung für den steiermärkischen Landtag (LGBl. 238/1920)
 

I. Wahlkreis und Wahlkörper.

§ 1. Das Land Steiermark wird für die Zwecke der Landtagswahlen in vier Wahlkreise eingeteilt, und zwar:
1. Graz und Umgebung mit dem Vorort Graz, mit 16
2. Mittel- und Untersteier mit dem Vorort Leibnitz, mit 21
3. Oststeier mit dem Vorort Feldbach, mit 13
4. Obersteier mit dem Vorort Leoben, mit 20
Abgeordnetensitzen.

(2) Der Wahlkreis 1 umfaßt:
Die Stadt Graz und den Gerichtsbezirk Graz Umgebung.

(3) Der Wahlkreis 2 umfaßt:
Die Städte Marburg und Pettau und die Gerichtsbezirke: Arnfels, Deutschlandsberg, Eibiswald, Frohnleiten, Leibnitz, Mahrenberg, Marburg, Murec, Pettau, Radkersburg (außer der Gemeinde Plippitzberg), St. Leonhard i. W.-B., Stainz, Voitsberg, Wildon und die Ortsgemeinde Oberradkersburg.

(4) Der Wahlkreis 3 umfaßt:
Die Gerichtsbezirke: Birkfeld, Fehring, Feldbach, Friedberg, Fürstenfeld, Gleisdorf, Hartberg, Kirchbach, Pöllau, Vorau, Weiz.

(5) Der Wahlkreis 4 umfaßt:
Die Gerichtsbezirke: Aflenz, Bad Aussee, Bruck a. d. M., Eisenerz, Gröbming, Irdning, Judenburg, Kindberg, Knittelfeld, Leoben, Liezen, Mariazell, Mautern, Mürzzuschlag, Murau, Neumarkt, Obdach, Oberzeiring, Oberwölz, Rottenmann, St. Gallen, Schladming.

§ 2. Die Wahlberechtigten jedes Wahlkreises bilden den Wahlkörper. Jeder Wahlkörper wählt nach dem Verhältniswahlverfahren in den Landtag die im § 1 bezeichnete Zahl von Landtagsabgeordneten.

§ 3. (1) Jede Gemeinde bildet in der Regel einen Wahlsprengel. Ortsgemeinden mit größerer Einwohnerzahl sowie räumlich ausgedehnte Gemeinden werden nach Bedarf in zwei oder mehrere Wahlsprengel geteilt.

(2) Jeder Wähler übt sein Wahlrecht in dem Wahlsprengel aus, in dem er am Tage der Wahlausschreibung seinen ordentlichen Wohnsitz hat.

§ 4. (1) Wähler, die am Tage der Wahlausschreibung in aktiver militärischer Dienstleistung stehen, üben ihr Wahlrecht in dem Wahlsprengel aus, in dem sie an diesem Tage gewohnt haben.

(2) Der Landesrat kann Anordnungen treffen, um Wahlberechtigten, die sich am Tage der Wahl infolge militärischer Verwendung, Spitalsbehandung u. dgl. nicht in dem in § 3, Absatz 2, bezeichneten Wahlsprengel befinden, die Ausübung ihres Wahlrechtes zu ermöglichen.

siehe hierzu auch
- die Kundmachung des steiermärkischen Landesrates vom 27. März 1919, LGBl. 17/1919, über die Ausübung des Wahlrechtes für den Landtag durch die Angehörigen der im Abwehrdienste stehenden Formationen der Volkswehr.
- die Kundmachung des steiermärkischen Landesrates vom 27. März 1919, LGBl. 18/1919, über die Ausübung des Wahlrechtes für den Landtag durch die Angehörigen der Gendarmerie.
- die Kundmachung des steiermärkischen Landesrates vom 3. Mai 1919, LGBl. 48/1919, über die Ausübung des Wahlrechtes für den Landtag und den Gemeinderat der Landeshauptstadt Graz durch die im Außendienste stehenden Angehörigen der Volkswehr.

II. Wahlbehörden.

§ 5. (1) Zur Durchführung und Leitung der Wahlen werden Wahlbehörden bestellt. Diese erkennen über alle in ihrem Bereiche sich in Wahlangelegenheiten ergebenden Streitfälle. Sie bleiben bis zur Ausschreibung der nächsten Landtagswahlen im Amte.

(2) Jeder Wahlbehörde werden durch den Wahlleiter die notwendigen Hilfskräfte und Hilfsmittel aus dem Stande der Behörde, der er vorsteht oder von der er entsendet ist, zugeteilt. Außerdem können Hilfsarbeiter auf Zeit im Vertragsverhältnisse herangezogen werden.

(3) Die Kosten der Ortswahlbehörde (§ 6) tragen die Gemeinden, jene der Landeswahlbehörde sowie der Kreis- und Bezirkswahlbehörden (§§ 6, 7 und 8) trägt das Land.

§ 6. (1) Für jeden Wahlsprengel wird eine Ortswahlbehörde eingesetzt. Sie besteht aus dem Gemeindevorsteher als Wahlleiter und zwei bis drei Beisitzern. Der Wahleiter kann sich in allen Fällen durch einen von ihm entsendeten Vertreter ständig vertreten lassen.

(2) Am Sitze jeder politischen Bezirksbehörde wird aus deren Vorstand oder dem von ihm entsendeten Stellvertreter als Wahlleiter und vier bis sechs Beisitzern die Bezirkswahlbehörde gebildet. Ihr obliegt vor allem die Festsetzung und Abgrenzung der Wahlsprengel im politischen Bezirke.

§ 7. (1) Für jeden Wahlkreis wird in dem im § 1 bezeichneten Vorort des Wahlkreises eine Kreiswahlbehörde eingesetzt. Sie besteht aus dem Vorstand der politischen Bezirksbehörde des Vorortes oder dem von ihm entsendeten Stellvertreter als Wahlleiter und aus vier bis sechs Beisitzern.

(2) Die Wahlleiter und Beisitzer der Kreiswahlbehörde dürfen nicht gleichzeitig einer Ortswahlbehörde angehören.

§ 8. (1) Für das Land Steiermark wird in Graz eine Landeswahlbehörde eingesetzt; sie besteht aus dem Landeshauptmann oder einem von ihm entsendeten Stellvertreter als Vorsitzenden und aus zwölf Beisitzern, von denen drei ihrem Berufe nach dem richterlichen Stande angehören oder angehört haben.

(2) Die Landeswahlbehörde führt die Oberaufsicht über die Kreis-, Bezirks- und Ortswahlbehörden, sie entscheidet endgültig in allen sich in ihrem Bereiche in Wahlangelegenheiten ergebenden Streitfällen.

§ 9. (1) Die nicht dem richterlichen Berufsstande entstammenden Beisitzer der Landeswahlbehörde und die Beisitzer der übrigen Wahlbehörden werden auf Grund von Vorschlägen der Parteien verhältnismäßig nach der bei den Wahlen in die konstiuierende Nationalversammlung festgestellten Stärke der Parteien berufen.

(2) Die Beisitzer der Landeswahlbehörde beruft der Landesrat, die Beisitzer der Kreiswahlbehörden die Landeswahlbehörde, die Beisitzer der Bezirkswahlbehörden die Kreiswahlbehörde, die Beisitzer der Ortswahlbehörden die Bezirkswahlbehörde.

(3) Für jeden Beisitzer ist in gleicher Weise ein Ersatzmann zu berufen.

(4) Das Amt eins Mitgliedes der Wahlbehörde ist ein öffentliches Ehrenamt, zu dessen Annahme jeder Wahlberechtigte verpflichtet ist, der am Sitze der betreffenden Wahlbehörde seinen ordentlichen Wohnsitz hat.

(5) Inwieweit und in welcher Höhe Mitglieder der Wahlbehörde während der Dauer und nach Maßgabe ihrer tatsächlichen Inanspruchnahme für Verdienstentgang eine Entschädigung in Geld aus öffentlichen Mitteln erhalten, wird mit Kundmachung geregelt.

siehe hierzu die Kundmachung des steiermärkischen Landesrates vom 27. März 1919, LGBl. 20/1919, betreffend die Entschädigungen an die Mitglieder der Wahlbehörden für die Landtagswahlen.

§ 10. Die Namen der im Sinne des § 9, Absatz 2 und 3, berufenen Mitglieder der Wahlbehörden sind öffentlich bekannzugeben.

III. Wahlrecht und Wählbarkeit.

§ 11. (1) Wahlberechtigt ist jeder deutschösterreichische Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechtes, der vor dem 1. Jänner 1919 das 20. Lebensjahr überschritten und am Tage der Wahlausschreibung seinen ordentlichen Wohnsitz in einer Gemeinde des Landes Steiermark hat.

(2) Unter den gleichen Voraussetzungen und unter der Bedingung, daß in dem betreffenden Bundesstaate den deutschösterreichischen Staatsbürgern das Wahlrecht für den dem Landtage entsprechenden Vertretungskörper eingeräumt ist, sind auch die deutschen Reichsangehörigen wahlberechtigt, die am Tage der Wahlausschreibung ihren ordentlichen Wohnsitz in einer Gemeinde des Landes Steiermark haben.

(3) Bezüglich welcher deutscher Bundesstaaten die Bedingung der Gegenseitigkeit erfüllt erscheint, wird von der Staatsregierung festgestellt und von der Landesregierung in der "Grazer Zeitung" verlautbart.

§ 12. Wählbar ist ohne Unterschied des Geschlechtes jeder deutschösterreichische Staatsbürger, der vor dem 1. Jänner 1919 das 26. Lebensjahr überschritten hat.

§ 13. Vom Wahlrecht und von der Wählbarkeit sind ausgeschlossen:
a) Personen, die voll oder beschränkt entmündigt sind;
b) Personen, welche wegen eines Verbrechens oder wegen Übertretung des Diebstahls, der Veruntreuung, der Teilnehmung hieran, des Betruges, der Kuppelei (§§ 460, 461, 463, 464 und 512 St.-G.), wegen der in § 1 des Gesetzes vom 28. Mai 1881, R.-G.-Bl. Nr. 47, oder der in den §§ 2, 3 und 4 der kaiserlichen Verordnung vom 12. Oktober 1914, R.-G.-Bl. Nr. 275, oder der im § 1 des Gesetzes vom 25. Mai 1883, R.-G.-Bl. Nr. 78, bezeichneten Straftaten, oder wegen Übertretung der §§ 1, 3 und 5 des Gesetzes vom 24. Mai 1885, R.-G.-Bl. Nr. 89, verurteilt worden sind, ferner Frauenspersonen, die wegen gewerbsmäßiger Unzucht von der Sicherheitsbehörde bestraft worden sind;
    Die Folge der Verurteilung hat, wenn die Verurteilung nicht schon früher getilgt wird, bei den in § 6, Zahl 1 bis 10 des Gesetzes vom 15. November 1867, R.-G.-Bl. Nr. 131, aufgezählten Verbrechen mit dem Ende der Strafe, bei anderen Verbrechen mit dem Ablaufe von zehn Jahren, wenn der Schuldige zu einer wenigstens fünfjährigen Strafe verurteilt wurde, und außerdem mit dem Ablaufe von fünf Jahren, bei den übrigen oben angeführten Straftaten aber mit dem Ablaufe von drei Jahren nach dem Ende der Strafe aufhören;
c) Personen, welche wegen eines Vergehens gegen die strafrechtlichen Bestimmungen zum Schutze der Wahlfreiheit verurteilt worden sind, wenn die Tathandlung bei Wahlen der Nationalversammlung oder zu den Landesversammlungen (Landtagen) begangen wurde, auf die in § 14 des Gesetzes vom 26. Jänner 1907, R.-G.-Bl. Nr. 18, festgesetzte Dauer, wenn die Verurteilung nicht schon früher getilgt wird;
d) Personen, welche unter Polizeiaufsicht gestellt oder in eine Zwangsarbeitsanstalt abgegeben wurden, bis zum Ablauf von drei Jahren nach Erlöschen der Polizeiaufsicht oder nach Entlassung aus der Zwangsarbeitsanstalt;
e) Personen, welche seitens des Gerichtes die väterliche Gewalt über ihre Kinder entzogen wurde, solange die Kinder unter fremder Vormundschaft stehen, jedenfalls aber während drei Jahren nach der gerichtlichen Verfügung;
f) Personen, welche wegen Trunkenheit mehr als zweimal zu einer Arreststrafe verurteilt worden sind, für die Dauer von drei Jahren nach dem Ende der letzten Strafe, wenn die Verurteilung nicht schon früher getilgt wird;
g) Frauenspersonen, welche unter sittenpolizeilicher Überwachung stehen.

§ 14. (1) Die Ortswahlbehörde verzeichnet die Wahlberechtigten des Wahlsprengels im Sprengelwählerverzeichnisse. Das Verzeichnis wird nach Straßen, Plätzen und Hausnummern, beziehungsweise nur nach Hausnummern angelegt.

(2) Das Verzeichnis wird durch vierzehn Tage in einem allgemein zugänglichen Amtsraume aufgelegt; die Auflegung ist vorher öffentlich bekanntzumachen. Jedermann kann in das Verzeichnis Einsicht nehmen und davon Abschriften sowie Vervielfältigungen herstellen.

§ 15. (1) Gegen das Wählerverzeichnis kann jede Person, der in dem betreffenden Wahlkörper das Wahlrecht zusteht, innerhalb von vierzehn Tagen, vom ersten Tage der Auflegung an gerechnet, wegen Aufnahme vermeintlich nicht Wahlberechtigter oder wegen Nichtaufnahme vermeintlich Wahlberechtigter schriftlich oder mündlich bei der Ortswahlbehörde Einspruch erheben.

(2) Personen, gegen deren Aufnahme in das Wählerverzeichnis Einspruch erhoben wurde, sind hievon von der Wahlbehörde innerhalb von vierundzwanzig Stunden nach Einlangen des Einspruches zu verständigen.

(3) Der Einspruch ist für jeden Einspruchsfall abgesondert zu überreichen.

§ 16. (1) Über den Einspruch entscheidet die Ortswahlbehörde innerhalb dreier Tage. Die Entscheidung wird im Wählerverzeichnisse sofort ersichtlich gemacht und demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, sowie auch dem durch die Entscheidung Betroffenen mitgeteilt.

(2) Jede Person, der in dem betreffenden Wahlkörper das Wahlrecht zusteht, kann die Berufung innerhalb dreier Tage nach Eintragung der Entscheidung in das Wählerverzeichnis oder binnen drei Tagen, von dem der Zustellung der Entscheidung nachfolgenden Tage an gerechnet, bei der Ortswahlbehörde an die Kreiswahlbehörde einbringen.

(3) Die Kreiswahlbehörde entscheidet innerhalb von acht Tagen nach Einlangen der Beschwerde endgültig. Von der Entscheidung der Kreiswahlbehörde ist die Ortswahlbehörde sofort zu verständigen. Diese hat die Entscheidung im Wählerverzeichnisse zu vermerken und demjenigen, der den Einspruch erhoben hat, sowie auch dem durch die Entscheidung Betroffenen mitzuteilen.

§ 17. (1) Nach Abschluß des Einspruchs- und Berufungsverfahrens ist das richtiggestellte Wählerverzeichnis von der Ortswahlbehörde abzuschließen und der Kreiswahlbehörde in Abschrift vorzulegen.

(2) An der Wahl nehmen nur Wahlberechtigte teil, deren Namen im richtiggestellten und abgeschlossenen Wählerverzeichnis enthalten sind.

(3) Wahlberechtigte Mitglieder einer Ortswahlbehörde können ihr Wahlrecht bei der Ortswahlbehörde ausüben, deren Mitglied sie sind.

IV. Wahlwerbung.

§ 18. (1) Wählergruppen, die sich an der Wahlwerbung beteiligen (Parteien), haben ihre Wahlvorschläge spätestens drei Wochen vor dem Wahltage der Kreiswahlbehörde vorzulegen.

(2) Der Wahlvorschlag muß von wenigstens 100 Wählern des Wahlkreises unterschrieben sein, er muß enthalten:
1. die unterscheidende Parteibezeichnung,
2. die Parteiliste, das ist ein Verzeichnis von höchstens doppelt so vielen Bewerbern, als im Wahlkreise Abgeordnete zu wählen sind, in der beantragten mit arabischen Ziffern bezeichneten Reihenfolge,
3. die Bezeichnung des zustellungsbevollmächtigten Vertreters der Partei.

§ 19. (1) Die Wahlvorschläge der Parteien werden nach dem Zeitpunkte ihrer Einbringung gereiht.

(2) Wenn mehrere Wahlvorschläge dieselben oder schwer unterscheidbare Parteibezeichnungen tragen, so hat der Kreiswahlleiter die Vertreter dieser Wahlvorschläge zu einer gemeinsamen Besprechung zu laden und ein Einvernehmen über die Unterscheidung der Parteibezeichnung anzubahnen. Gelingt ein Einvernehmen nicht, so kann die Kreiswahlbehörde nach ihrer Kenntnis der Parteiverhältnisse einen, mehrere oder sämtlicher dieser Wahlvorschläge so behandeln, als ob sie ohne ausdrückliche Parteibezeichnung (§ 20) eingereicht wären.

§ 20. (1) Wahlvorschläge ohne ausdrückliche Parteibezeichnung werden nach dem erstvorgeschlagenen Bewerber benannt.

(2) Wenn ein Wahlvorschlag keinen zustellungsbevollmächtigten Vertreter anführt, so gilt der Erstunterzeichnete als Vertreter der Partei.

§ 21. (1) Jede Partei hat im Wahlvorschlage oder in einer besonderen Eingabe an die Kreiswahlbehörde ihre Anträge über die zu berufenden Beisitzer der Bezirkswahlbehörden (§ 9) zu stellen. Desgleichen haben die Parteien in einer Eingabe an die Landeswahlbehörde ihre Anträge über die zu berufenden Beisitzer der Kreiswahlbehörde zu erstatten.

(2) Ferner hat jede Partei in einer Eingabe an die Bezirkswahlbehörde ihre Anträge über die zu berufenden Beisitzer der Ortswahlbehörden zu stellen sowie jene Personen zu bezeichnen, die bei der Wahlhandlung in jedem Wahllokale als Wahlzeugen (Vertrauensmänner) dienen sollen.

(3) In jedes Wahllokal können von jeder Partei zwei Wahlzeugen entsendet werden; sie erhalten von der Bezirkswahlbehörde einen Eintrittschein.

§ 22. Die Wahlbehörde überprüft, ob die in den Parteilisten vorgeschlagenen Bewerber wählbar sind (§ 12).

§ 23. Wenn ein Bewerber verzichtet, stirbt, die Wählbarkeit verliert oder nach § 22 gestrichen wird, so kann die Partei ihre Parteiliste durch Nennung eines anderen Bewerbers ergänzen. Die Ergänzungsvorschläge müssen jedoch spätestens sieben Tage vor der Wahl bei der Kreiswahlbehörde einlangen.

§ 24. Am siebenten Tage vor der Wahl schließt die Kreiswahlbehörde die Parteilisten ab und veröffentlicht sie in der Reihenfolge ihrer Einbringung. Die Veröffentlichung erfolgt in ortsüblicher Weise. Der Inhalt des Wahlvorschlages muß aus der Veröffentlichung voll ersichtlich sein.

V. Abstimmungsverfahren.

§ 25. (1) Die Wahlen werden vom Landesrat durch Verlautbarung in der "Grazer Zeitung" ausgeschrieben.

(2) Die Ausschreibung wird ortsüblich kundgemacht.

(3) Die Bezirkswahlbehörde bestimmt im Einvernehmen mit den Ortswahlbehörden für jeden Wahlsprengel das Wahllokal und die Wahlzeit.

(4) Im Gebäude des Wahllokales und in einem von der Bezirkswahlbehörde durch ortsübliche Kundmachung bezeichneten Umkreis ist am Wahltage jede Art der Wahlbeeinflussung sowie das Tragen von Waffen jeder Art verboten.

(5) Der Ausschank von geistigen Getränken ist am Wahltage sowie am Tage vorher verboten.

§ 26. Im Wahllokale befindet sich der Amtstisch für die Wahlbehörde, in seiner unmittelbaren Nähe ein Tisch für die Wahlzeugen, dann die Wahlzelle; in der Wahlzelle steht ein Tisch mit Schreibstiften. Für die Einrichtung der Wahllokale haben die Gemeinden vorzusorgen.

§ 27. (1) Der Wähler tritt vor die Wahlbehörde, nennt seinen Namen, bezeichnet seine Wohnung, legt eine Urkunde oder sonstige amtliche Bescheinigung vor, aus der sein Personenstand ersichtlich ist, und erhält daraufhin den undurchsichtigen Wahlumschlag und auf Verlangen einen Stimmzettel.

(2) Der Wähler muß sich hierauf in die Wahlzelle begeben, den ausgefüllten Stimmzettel in den Umschlag legen und tritt dann aus der Zelle und übergibt den Umschlag geschlossen dem Wahlleiter, der ihn uneröffnet in die Wahlurne legt.

(3) Der Name des Wählers wird im Wählerverzeichnisse abgestrichen und in ein eigenes Abstimmungsverzeichnis fortlaufend eingetragen. Hierauf verläßt der Wähler das Wahllokal.

(4) Blinde und Bresthafte können sich von einer Geleitperson führen und diese für sich abstimmen lassen.

(5) Besitzt der Wähler einer Gemeinde unter 2000 Einwohnern eine Urkunde oder Bescheinigung der erwähnten Art nicht, so ist er dennoch zu einer Abstimmung zuzulassen, wenn er der Mehrheit der Mitglieder der Wahlbehörde persönlich bekannt ist. Dieser Umstand ist in der Niederschrift über den Wahlvorgang ausdrücklich zu vermerken.

§ 28. (1) Der bei den Wahlen zur Verwendung gelangende Wahlumschlag wird aus undurchsichtigem Papier in der Größe von 11.5 zu 18 Zentimeter hergestellt.

(2) Der Stimmzettel muß aus weichem Papier sein und darf nur so groß sein, daß er zweimal - das heißt einmal der Länge und einmal der Breite nach - gefaltet noch ohne Schwierigkeit in den Wahlumschlag eingelegt werden kann.

(3) Der Stimmzettel ist gültig ausgefüllt, wenn er die Parteibezeichnung oder wenigstens den Namen eines Bewerbers der gewählten Parteiliste unzweideutig dartut. Dies geschieht entweder auf beliebigem Stimmzettel durch Handschrift, Druck oder sonstige Vervielfältigung oder aber auf den von der Wahlbehörde vorbereiteten Stimmzetteln durch Einhakung der Parteibezeichnung.

(4) Der Stimmzettel ist ungültig:
1. Wenn er nicht aus weichem Papier ist oder das höchstzulässige Maß überschreitet;
2. wenn er zwei oder mehrere Parteien bezeichnet;
3. wenn er gar keine Partei, wohl aber zwei oder mehrere Namen aus verschiedenen Parteilisten bezeichnet.

(5) Erscheint innerhalb eines Wahlkreises ein und derselbe Name auf mehreren Parteilisten, so sind Stimmzetteln, welche diesen Namen allein enthalten, nur dann gültig, wenn der Stimmzettel auch die Partei bezeichnet.

(6) Wenn ein Wahlumschlag mehr als einen gültigen Stimmzettel enthält und diese Stimmzettel auf verschiedene Parteilisten lauten, sind alle ungültig. Lauten die gültig ausgestellten Stimmzettel auf dieselbe Partei, so sind sie als ein Stimmzettel zu zählen.

§ 29. Wenn die für die Wahlhandlung festgesetzte Wahlzeit abgelaufen ist und alle bis dahin im Wahllokale oder in dem von der Ortswahlbehörde bestimmten Warteraum erschienenen Wähler gestimmt haben, erklärt die Wahlbehörde die Wahlhandlung für geschlossen; sie entleert die Wahlurne, zählt die abgegebenen Wahlumschläge und stellt die Übereinstimmung ihrer Zahl mit der Zahl der im Abstimmungsverzeichnisse eingetragenen Wähler fest. Sodann eröffnet sie die Wahlumschläge, prüft die Gültigkeit der Stimmzettel, stellt die Zahl der ungültigen Stimmzettel fest, ordnet die gültigen nach Parteilisten und stellt die auf jede Parteiliste entfallende Zahl von Stimmen (die Parteisumme) fest.

§ 30. (1) Die Wahlbehörde beurkundet den Wahlvorgang in einer eigenen Niederschrift. Diese Niederschrift enthält die Bezeichnung der Mitglieder der Wahlbehörde, die Zeit des Beginnes und des Schlusses der Wahlhandlung sowie allfälliger Unterbrechungen, die Entscheidung der Wahlbehörde über die Zulassung oder Nichtzulassung von Wählern, die sonstigen Verfügungen der Wahlbehörde, endlich außergewöhnliche Vorkommnisse während der Wahlhandlung. Außerdem ist darin anzugeben, wie viel weibliche und männliche Wähler abgestimmt haben.

(2) Der Niederschrift wird das Wählerverzeichnis und das Abstimmungsverzeichnis angeschlossen.

(3) Die im § 29 bezeichneten Feststellungen werden in die Niederschrift eingetragen. Diese wird daraufhin geschlossen, von den Mitgliedern der Wahlbehörde gefertigt und samt den Stimmzetteln unter Siegel genommen.

(4) Damit ist die Wahlhandlung beendet.

VI. Ermittlungsverfahren.

§ 31. Der versiegelte Wahlakt (§ 30) wird der Kreiswahlbehörde eingesendet. Diese überprüft die Wahlergebnisse der örtlichen Wahlen und stellt sie im vorbereiteten Kreiswahlprotokolle zusammen.

§ 32. Die Kreiswahlbehörde ermittelt die Gesamtzahl der im Wahlkreise abgegebenen gültigen Stimmen (Gesamtsumme) sowie die Summen der auf jede Partei entfallenen Stimmen (Parteisummen) und stellt zunächst fest, auf wie viele Vertreter jede Partei Anspruch hat.

§ 33. (1) Auf die Parteilisten werden die zu vergebenden Abgeordnetensitze mittels der Wahlzahl verteilt. Die Wahlzahl wird wie folgt berechnet:

(2) Die Parteisummen werden, nach ihrer Größe geordnet, nebeneinander geschrieben; unter jede Parteisumme wird die Hälfte geschrieben, darunter das Drittel, das Viertel, das Fünftel, das Sechstel usw.

(3) Die im Sinne des Absatzes 2 ermittelten Bruchzahlen werden zusammen mit den Parteisummen nach ihrer Größe geordnet, wobei mit der größten Parteisumme begonnen wird. Als Wahlzahl gilt die Zahl, welche in der Reihe die sovielte ist, als die Zahl der in dem Wahlkreise zu vergebenden Abgeordnetensitze beträgt, also zum Beispiel für fünf Sitzen die fünftgrößte.

(4) Jede Partei erhält soviele Sitze, als die Wahlzahl in ihrer Parteisumme enthalten ist.

§ 34. Wenn nach dieser Berechnung (§ 33) zwei oder mehrere Parteien auf einen Sitz denselben Anspruch haben, so entscheidet zwischen jenen Parteien, bei denen sich die Wahlzahl ergibt, das Los.

§ 35. (1) Von jeder Parteiliste sind soviele Bewerber, als ihr Sitze zukommen, und zwar der Reihe nach, wie sie im Wahlvorschlage angeführt sind, von der Wahlbehörde als gewählt zu erklären; ihre Namen sind zu verlautbaren.

(2) Ist ein Wahlbewerber auf mehreren Listen gewählt, so hat er binnen vierzehn Tagen an die Landeswahlbehörde zu erklären, für welche Parteiliste er sich entscheidet. Auf allen anderen Listen wird er gestrichen. Wenn er sich in der vorgesetzten Frist nicht erklärt, entscheidet für ihn die Landeswahlbehörde durch das Los.

(3) Nichtgewählte sind Ersatzmänner für den Fall, daß einer ihrer Vordermänner derselben Liste in Abgang kommt; die Reihenfolge, in der sie die Eigenschaft von Ersatzmännern erlangen, bestimmt sich nach der Reihenfolge des Wahlvorschlages.

§ 36. (1) Wenn in einem Wahlkreise die Hälfte der Sitze durch den Abgang der gewählten Abgeordneten und Ersatzmänner erledigt ist, so verlieren auch alle anderen Abgeordneten und Ersatzmänner ihr Mandat und ist binnen drei Monaten eine Ergänzungswahl für den Wahlkreis durchzuführen.

(2) Eine solche Ergänzungswahl wird für den Wahlkreis auch dann sofort ausgeschrieben, wenn der Wahlgerichtshof die Wahl wegen Ungesetzlichkeit für nichtig erklärt hat.

§ 37. (1) Nach Abschluß des Ermittlungsverfahrens bezeichnet die Kreiswahlbehörde die Wahlzahl und das Wahlergebnis im Protokolle, fertigt es, versiegelt den Wahlakt, und zwar gesondert das Kreiswahlprotokoll und die übrigen Akten und sendet erstes an die Landeswahlbehörde.

(2) Die Einsendung wird kundgemacht. Wenn binnen vierzehn Tagen nach Einlangen des Kreiswahlprotokolles von dem zustellungsbevollmächtigten Vertreter einer Partei gegen die Ermittlung des Wahlergebnisses Einspruch erhoben wird, so ist der Landeswahlbehörde der übrigen Wahlakt zu übersenden und überprüft die Landeswahlbehörde auf Grund der eingesendeten Schriftstücke die Wahlhandlung. Ergibt sich aus diesen Schriftstücken die Unrichtigkeit der Ermittlung, so kann die Landeswahlbehörde sofort das Ergebnis richtigstellen, die Verlautbarung der Kreiswahlbehörde für nichtig erklären und das richtiger Ergebnis verlautbaren. Andernfalls wird der Beschwerdeführer an den Wahlgerichtshof verwiesen.

§ 38. (1) Über Beschwerden wegen Ungesetzlichkeit der Wahlhandlung entscheidet der mit dem Gesetze vom 6. Februar 1919, St.-G.-Bl. Nr. 90 eingesetzte Wahlgerichtshof.

(2) Die Bestimmungen des ebenerwähnten Gesetzes finden auch auf die Wahlen in den Landtag sinngemäß Anwendung.

VII. Schlußbestimmungen.

§ 39. Wenn die Wahlen infolge von Krieg, von inneren Unruhen, Störungen des Verkehres oder aus anderen Gründen nicht gemäß den Vorschriften dieser Wahlordnung durchgeführt werden können und hierdurch die Bildung des Landtages überhaupt oder die Ausübung des Wahlrechtes der Einwohner größerer Gebiete des Landes unmöglich wird, so kann der Landesrat die Vornahme dieser Wahlen außerhalb des Wahlortes, die unmittelbare Einsendung der Stimmzettel an die Landeswahlbehörde sowie jene sofortigen Änderungen an den Vorschriften dieser Wahlordnung verfügen, die zur Ausübung des Wahlrechtes, beziehungsweise zur Besetzung der Mandate unabweislich geboten sind.

siehe hierzu die Kundmachung des steiermärkischen Landesrates vom 27. März 1919, LGBl. 19/1919, betreffend die Landtagswahlen im Wahlkreise 2, Mittel- und Untersteier..

§ 40. Der Landesrat ist ermächtigt, über Antrag der Landesregierung alle zur Durchführung dieser Wahlordnung erforderlichen Verfügungen, insbesondere auch über die Verpflichtung zur Mitwirkung bei der Verzeichnung der Wahlberechtigten, zu treffen; die Landesregierung kann für die Übertretung der vorerwähnten Verpflichtung angemessene Geld- und Arreststrafen festsetzen. Die Durchführung der Wahl obliegt der Landesregierung.

siehe hierzu die Kundmachung des steiermärkischen Landesrates vom 27. März 1919, LGBl. 16/1919, betreffend Durchführungsvorschriften für die Neuwahlen in den Landtag.

 


Quellen:  Allg. Landesgesetz- und Verordnungsblatt für das Land Steiermark Jg. 1919 Nr. 14 Seite 31
© 13. September 2013 - 15. September 2013


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