Gesetz
vom 6. Dezember 1918,
womit eine Landesordnung für das Land Steiermark erlassen wird

geändert und ergänzt durch
Gesetz vom 13. März 1919, über die Durchführung von Neuwahlen in den Landtag  (LGBl. Nr. 14/1919)
Gesetz vom 2. Juli 1919, betreffend die Landesordnung für das Land Steiermark (LGBl. Nr. 166/1919)
Gesetz vom 15. September 1920, mit welchem die Tätigkeitsperiode des steiermärkischen Landtages abgekürzt und die gleichzeitige Durchführung von Neuwahlen für den Landtag im Jahre 1920 mit den Wahlen in die Nationalversammlung angeordnet wird  (LGBl. Nr. 237/1920)
Gesetz vom 15. September 1920, betreffend die Wahlordnung für den steiermärkischen Landtag (LGBl. 238/1920)
 

aufgehoben durch
Gesetz vom 26. November 1920, womit eine vorläufige Landesverfassung für das Land Steiermark erlassen wird
(LGBl. Nr. 1/1921).
 

Artikel I. Die Landesordnung für das Herzogtum Steiermark wird außer Kraft gesetzt, an ihre Stelle hat die im Anhange folgende Landesordnung für das Land Steiermark zu treten.

Artikel II. Dieses Gesetz ist am 6. Dezember 1918 in Wirksamkeit getreten.

kundgemacht am 12. Mai 1919 (LGVBl. Nr. 50/1919, Seite 157).

Artikel III. Der Vollzug dieses Gesetzes obliegt der Landesregierung.

Durch Gesetz vom 13. März 1919 wurde zum Gesetz folgende Bestimmung über den Vollzug und das Wirksamwerden erlassen:
"Artikel VII. (1) Mit dem Vollzuge ist der Staatssekretär für Inneres und Unterricht betraut, welcher mit der Durchführung die Landesregierung betraut.
(2) Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Kundmachung in Kraft."

Durch Gesetz vom 15. September 1920 wurde zum Gesetz folgende Bestimmung über den Vollzug und das Wirksamwerden erlassen:
"Artikel V. (1) Mit dem Vollzuge ist der Staatssekretär für Inneres und Unterricht betraut, welcher mit der Durchführung die Landesregierung betraut.
(2) Dieses Gesetz tritt am Tage seiner Kundmachung in Kraft."

Der Landeshauptmann:
Kaan.

Der mit den Funktionen des Landesamtsdirektors betraute Hofrat:
Mayrhofer.

Der Staatskanzler als Leiter des Staatsamtes für Inneres und Unterricht:
Renner.

 

Der Landeshauptmann:
Rintelen.

Der Landesamtsdirektor:
Mayrhofer.

Der Staatskanzler als Leiter des Staatsamtes für Inneres und Unterricht:
Breisky.

 

Landesordnung für das Land Steiermark

I. Hauptstück.
Von der Landesvertretung überhaupt.

§ 1. Das Land Steiermark wird in Landesangelegenheiten von der provisorischen Landesversammlung vertreten.

Durch Gesetz vom 13. März 1919 wurde bestimmt:
"Artikel I. (1) An Stelle der bisherigen provisorischen Landesversammlung des Landes Steiermark tritt ein Landtag. Der erste Landtag wird 16 Tage nach dem Wahltage nach Graz einberufen.
(2) Die Wirksamkeit der provisorischen Landesversammlung endet am Wahltag.";
damit wurden im § 1 die Worte "von der provisorischen Landesversammlung" faktisch ersetzt durch: "vom Landtag".

§ 2. Die zum Wirkungskreise der Landesvertretung gehörigen Befugnisse werden entweder durch die provisorische Landesversammlung selbst, oder durch den Landesrat ausgeübt.

Durch Gesetz vom 13. März 1919, Artikel I. wurden im § 2 faktisch die Worte "die provisorische Landesversammlung" ersetzt durch: "den Landtag".

Durch Gesetz vom 2. Juli 1919, § 1, wurde zum § 2 abändernd bestimmt:
"§ 1. Die mit dem Gesetze vom 6. Dezember 1918, L.-G.- und V.-Bl. Nr. 50, erlassene Landesordnung für das Land Steiermark samt den später erlassenen Landes-Verfassungsgesetzen hat mit der im § 2 folgenden Abänderung insoweit in Wirksamkeit zu bleiben, als die Bestimmungen dieser Landesordnung nicht zu der staatlichen Verfassungsgesetzgebung im Widerspruche stehen.
Alle nach diesem Gesetze der provisorischen Landesversammlung und dem aus dieser gewählten Landesrate zukommenden Rechte und Pflichten gehen auf den Landtag und den aus diesem gewählten Landesrat über."

§ 3. Die provisorische Landesversammlung besteht aus sechzig durch Vereinbarung der politischen Parteien des Landes Steiermark bestimmte Mitglieder.

Durch Gesetz vom 13. März 1919 wurde der § 3 faktisch durch folgende Bestimmungen ersetzt:
"Artikel II. (1) In den Landtag werden 70 Landtagsabgeordnete auf die Dauer von zwei Jahren, vom Tage des Zusammentrittes des Landtages an gerechnet, nach dem System der Verhältniswahl gemäß der einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Landtagswahlordung auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechtes aller Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechtes gewählt, die am Tage der Wahlausschreibung in einer Gemeinde des Landes Steiermark ihren ordentlichen Wohnsitz haben und vor dem 1. Jänner 1919 das 20. Lebensjahr überschritten haben.
(2) Unter der Bedingung, daß für die Wahl in den dem Landtag entsprechenden Vertretungskörper eines deutschen Bundesstaates die Gegenseitigkeit gewährt wird, steht unter den gleichen Voraussetzungen das Wahlrecht in den Landtag auch den Angehörigen dieses Bundesstaates zu.
Artikel III.
Die Wahl wird durch den Landesrat auf einen Sonntag im Monate Mai 1919 ausgeschrieben.
Artikel IV. (1) Jeder gewählte Abgeordnete erhält von der Landeswahlbehörde (Wahlordnung § 8) einen Wahlschein, der ihn zum Eintritt in den Landtag berechtigt.
(2) Soferne den Vertretern deutscher Minderheiten in den Vertretungskörpern benachbarter Staaten nicht alle Rechte der nationalen Mehrheit gewährleistet werden, kann der Landesrat die Ausstellung des Wahlscheines davon abhängig machen, daß der Gewählte sich bei der letzten Volkszählung zur deutschen Umgangssprache bekannt hat und eine Erklärung abgibt, daß er sich auch fernerhin zum deutschen Volke bekennen werde.
Artikel V. (1) Die in den Landtag gewählten Abgeordneten (Landtagsabgeordnete) werden zur ersten Sitzung vom Landeshauptmann einberufen und haben sich zu der in der Einberufung bezeichneten Stunde in dem bezeichneten Sitzungssaale zu versammeln.
(2) Die Sitzung wird durch den Landeshauptmann eröffnet. Dieser ladet den Ältesten des Landtages ein, einstweilen den Vorsitz zu führen."

siehe hierzu auch die Kundmachung des steiermärkischen Landesrates vom 27. März 1919, LGBl. 15/1919, mit dem die Wahlen zum Landtag auf  Sonntag, 11, Mai 1919 ausgeschrieben wurden.

Durch Gesetz vom 15. September 1920 wurde der § 3 sowie die Art. II bis V de Gesetzes vom 13. März 1919 faktisch durch folgende Bestimmung ersetzt:
"Artikel I. In den Landtag werden 70 Landtagsabgeordnete auf die Dauer von drei Jahren, vom Tage des Zusammentrittes des Landtages an gerechnet, nach dem System der Verhältniswahl in zwei Ermittlungsverfahren, und zwar 66 Abgeordnete im ersten Ermittlungsverfahren, 4 Abgeordnete im zweiten Ermittlungsverfahren, gemäß der einen Bestandteil dieses Gesetzes bildenden Landtagswahlordnung auf Grund des allgemeinen, gleichen, direkten und geheimen Wahlrechtes aller Staatsbürger ohne Unterschied des Geschlechtes gewählt, die am Tage der Wahlausschreibung in einer Gemeinde des Landes Steiermark ihren ordentlichen Wohnsitz haben und vor dem 1. Jänner des Kalenderjahres, in dem die Wahl stattfindet, das 20. Lebensjahr überschritten haben.
Artikel II. Die Wahl ist durch die Landesregierung auf einen Sonntag auszuschreiben.
Artikel III. Jeder gewählte Abgeordnete erhält von der Landeswahlbehörde (Wahlordnung § 9) einen Wahlschein, der ihn zum Eintritt in den Landtag berechtigt.
Artikel IV. (1) Die in den Landtag gewählten Abgeordneten werden zur ersten Sitzung vom Landeshauptmann innerhalb eines Monats nach der Wahl einberufen und haben sich zu der in der Einberufung bezeichneten Stunde in dem bezeichneten Sitzungssaale zu versammeln.
(2) Die Sitzung wird durch den Landeshauptmann eröffnet, der den Vorsitz bis zur Neuwahl des Landeshauptmannes zu führen hat."

Durch Gesetz vom 15. September 1920 wurde in Abänderung zu den Art. II. bis V. des Gesetzes vom 13. März 1919 bestimmt:
"Artikel I. (1) Gleichzeitig mit der laut des Gesetzes vom 6. Juli 1920, St.-G.-Bl. Nr. 283, auf den 17. Oktober 1920 anberaumten Wahl zur Nationalversammlung sind Neuwahlen in den steiermärkischen Landtag vorzunehmen.
(2) Die Tätigkeitsperiode des gegenwärtigen Landtages endet mit dem Tage der Konstituierung des neugewählten Landtages."

Die provisorische Landesversammlung trat erstmals am 6. November 1918 in Graz zusammen, nachdem die drei Parteien, die bei den letzten Reichsratswahlen von 1911 in der Steiermark Abgeordnete entsenden konnten, sich auf eine Ernennung von jeweils 20 Abgeordneten pro Partei einigen konnten. Gemäß Art. I. des Gesetzes vom 13. März 1919 endete die Gesetzgebungsperiode der provisorischen Landesversammlung mit dem Wahltag zum ersten Landtag, also am 11. Mai 1919.

Der erste Landtag des Landes Steiermark (I. Gesetzgebungsperiode) trat nach der Wahl vom 11. Mai 1919 zu seiner ersten Sitzung am 27. Mai 1919 zusammen; deren Wahlperiode durch Gesetz vom 15. September 1920, LGBl. 237/1920, vorzeitig mit dem 9. November 1920 (regulär: am 27. Mai 1921) beendet wurde .
Der zweite Landtag des Landes Steiermark (II. Gesetzgebungsperiode) trat nach der Wahl vom 17. Oktober 1920 (gleichzeitig mit dem Nationalrat) zu seiner ersten Sitzung am 9. November 1920 zusammen; deren Wahlperiode endete gemäß dem § 16 der Vorläufigen Landesverfassung von 1920, LGBl. 1/1921 nach der Landtagswahl vom 21. Oktober 1923 (gleichzeitig mit dem Nationalrat) mit dem ersten Zusammentritt des dritten Landtages am 20. November 1923 (34 Christsoziale, 24 SPÖ, 8 Landbund, 4 Großdeutsche).

§ 4. Die provisorische Landesversammlung wählt aus ihrer Mitte mit Stimmenmehrheit den Landeshauptmann und durch Verhältniswahlen zwei Stellvertreter, ferner ebenfalls aus ihrer Mitte in einem Wahlgange neun weitere Mitglieder des Landesrates, die den Titel "Landesräte" führen; der Landeshauptmann und seine Stellvertreter sind Mitglieder des Landesrates, sie führen in der provisorischen Landesversammlung den Vorsitz und leiten deren Verhandlungen sowie die Amtsführung des Landesrates.

§ 5. Die in die Landesversammlung entsendeten Abgeordneten dürfen keine Instruktionen annehmen und ihr Stimmrecht nur persönlich ausüben.

§ 6. Die Landesversammlung wird vom Landeshauptmanne nach dessen freiem Entschluß oder, wenn ein Drittel der Abgeordneten es fordert, einberufen. Sitz der Landesversammlung ist die Landeshauptstadt Graz.

§ 7. Der Landeshauptmann und seine Stellvertreter bilden die Landesregierung. Der Landeshauptmann ist Vorsitzender der Landesregierung. Er leistet einem der Präsidenten des Staatsrates in Gegenwart der übrigen Mitglieder des geschäftsführenden Staatsdirektoriums die Angelobung auf die deutschösterreichische Republik. Er nimmt die Mitglieder des Landesrates sowie die Beamten und Bediensteten bei den ihm nachgeordneten Behörden und Ämtern in Eid und Pflicht.

§ 8. Die Teilung der öffentlichen Verwaltung in landesfürstliche und autonome ist aufgehoben.

Bis zur Durchführung der entsprechenden Verwaltungsreform bleiben die Geschäfte des Landesrates und der Landesregierung von einander getrennt. Der Landeshauptmann kann jedoch verfügen, daß Amtsabteilungen des Landesrates und der Landesregierung, die mit derselben Sache befaßt sind, unmittelbar zusammenarbeiten.

§ 9. Die Funktionsdauer der Landesräte ist jener der provisorischen Landesversammlung, die sie gewählt hat, gleich. Sie währt jedoch nach der Auflösung der Landesversammlung noch so lange fort, bis von der neuen Landesvertretung die Geschäfte des Landesrates übernommen worden sind.

Der Austritt aus der Landesversammlung hat das Austreten aus dem Landesrates zur Folge.

§ 10. Wenn ein Landesrat mit Tod abgeht, austritt oder auf längere Zeit an der Besorgung seiner Geschäfte verhindert ist, wird für ihn eine Neuwahl vorgenommen.

§ 11. Die Landesräte sind verpflichtet, ihren Aufenthalt in Graz zu nehmen. Sie erhalten eine jährliche Entschädigung aus Landesmitteln, deren Höhe die provisorische Landesversammlung bestimmt.

II. Hauptstück.
Wirkungskreis der Landesvertretung.

§ 12. Die provisorische Landesversammlung ist berufen, bei der Ausübung der gesetzgebenden Gewalt innerhalb des ihr auf Grund der geltenden Gesetze zustehenden Wirkungskreises mitzuwirken.

§ 13. Die provisorische Landesversammlung ist berufen:
1. Zu beraten und Anträge zu stellen
    a) über kundgemachte allgemeine Gesetze und Einrichtungen bezüglich ihrer besonderen Rückwirkung auf das Wohl des Landes, und
    b) auf Erlassung allgemeiner Gesetze und Einrichtungen, welche die Bedürfnisse und die Wohlfahrt des Landes erheischen;
2. Vorschläge abzugeben über alle Gegenstände, worüber sie vom Staatsrate zu Rate gezogen wird.

§ 14. Die provisorische Landesversammlung sorgt für die Erhaltung des Landesvermögens und des sonstigen nach seiner Entstehung oder Widmung ein Eigentum des Landes Steiermark bildenden Landesvermögens, dann der aus Landesmitteln errichteten oder erhaltenen Fonds und Anstalten.

Beschlüsse der provisorischen Landesversammlung, welche eine Veräußerung, bleibende Belastung oder eine Verpfändung des Stammvermögens mit sich bringen, bedürfen der Genehmigung des Staatsrates.

§ 15. Die provisorische Landesversammlung verwaltet das Domestikalvermögen und das Kredit- und Schuldenwesen des Landes und sorgt für die Erfüllung der diesfalls dem Lande obliegenden Verpflichtungen.

Sie verwaltet und verwendet den Landesfond und die übrigen in Verwaltung des Landes Steiermark stehenden Fonds mit genauer Beachtung der gesetzlichen Zwecke und Widmungen dieser Fonds.

§ 16. Die provisorische Landesversammlung beratet und beschließt über die Aufbringung der zur Erfüllung ihrer Wirksamkeit für Landeszwecke, für das Vermögen, die Fonds und Anstalten des Landes erforderlichen Mittel, insoferne die Einkünfte des bestehenden Stammvermögens nicht zureichen.

Sie ist berechtigt, zu diesem Zwecke Zuschläge zu den direkten und indirekten staatlichen Steuern bis auf dem im Verwaltungsjahre 1918 bestandenen Ausmaße umzulegen und einzuheben. Höhere Zuschläge oder neue Landesumlagen, Steuern und Abgaben bedürfen der Genehmigung des Staatsrates.

§ 17. Die Wirksamkeit der provisorischen Landesversammlung in Gemeindeangelegenheiten erstreckt sich auf alle durch das Gemeindegesetz oder die besonderen Gemeindestatute dem Landtage vorbehaltenen Aufgaben.

§ 18. Die provisorische Landesversammlung beschließt über die Systemisierung des Personal- und Besoldungsstandes der Beamten des Landesrates. Sie bestimmt die Art ihrer Ernennung und Disziplinarbehandlung, ihre Ruhe- und Versorgungsgenüsse und die Grundzüge der für ihre Dienstleistung zu erteilenden Instruktionen.

Die Beamten des Landesrates werden vom Landesrate ernannt und haben den Charakter von Staatsbeamten.

§ 19. Der Landesrat besorgt die gewöhnlichen Verwaltungsgeschäfte des Landesvermögens, der Landesfonds und -Anstalten und leitet und überwacht die Dienstleistung der ihm untergebenen Beamten und Diener. Er hat hierüber, sowie über die Ausführung der vollziehbaren Beschlüsse der provisorischen Landesversammlung, dieser Rechenschaft zu geben und Anträge für die Landesversammlung über ihren Auftrag desselben oder aus eigenem Antrieb vorzubereiten.

Die Landesregierung und der Landesrat sind der Landesversammlung für ihre Geschäftsführung verantwortlich, soweit sie nicht im bloßen Vollzuge von Gesetzen oder auf Grund von Gesetzen erlassenen Verordnungen, Verfügungen und Weisungen handeln, und zwar unbeschadet der Verantwortlichkeit der Landesregierung gegenüber der deutschösterreichischen Staatsregierung nach § 8 des Gesetzes vom 14. November 191, St.-G.-Bl. Nr. 24.

Die finanzielle Gebarung des Landesrates unterliegt der Kontrolle durch einen aus der Landesversammlung bestellten ständigen Kontrollausschuß von sechs Mitgliedern. Außerdem ist der Landesrat verpflichtet, der deutschösterreichischen Staatsregierung alljährlich Rechnung zu legen.

Durch Gesetz vom 2. Juli 1919 erhielt der § 19 Absatz 3 folgende Fassung:
"Die Finanzgebarung des Landes unterliegt die Kontrolle durch den Landtag. Außerdem ist der Landesrat verpflichtet, der deutschösterreichischen Staatsregierung alljährlich Rechnung zu legen."

§ 20. Die dem Lande oder den vormaligen Ständen des Landes zustehenden Patronats- und Präsentationsrechte, das Vorschlags- und Ernennungsrecht für Stiftplätze oder Stipendien, das Recht der Aufnahme in Landesanstalten und Stiftungen wird vom Landesrate geübt.

§ 21. Der Landesrat vertritt das Land Steiermark in allen Rechtsangelegenheiten.

Die im Namen des Landesrates auszustellenden Urkunden sind von dem Landeshauptmanne und seinen beiden Stellvertretern, im Falle der Verhinderung eines von ihnen an dessen Stelle durch einen Landesrat zu fertigen und mit dem Landessiegel zu versehen.

§ 22. Der Landesrat hat überdies auch alle übrigen Geschäfte des bisherigen Landesausschusses zu besorgen, soweit dieselben nicht an andere Organe übergehen oder in Folge der geänderten Verhältnisse aufhören.

§ 23. Der Landesrat hat die nötigen Vorbereitungen für die Abhaltung der Sitzungen der provisorischen Landesversammlung und die Instandhaltung und Einrichtung der für die Landesvertretung und die ihr unmittelbar unterstehenden Ämter und Organe bestimmten Räumlichkeiten zu besorgen.

§ 24. Der Landesrat bestimmt mit Genehmigung des Staatsrates einen Stellvertreter des Landeshauptmannes zur Versehung jener Amtsgeschäfte des Landeschefs, die zum Wirkungskreise des Finanzministeriums gehören. Weiters hat der Landesrat zur einheitlichen Handhabung der Dienstaufsicht ein Organ unter dem Titel Landesamtsdirektor zu ernennen, der dem Landeshauptmanne persönlich zugeteilt und der unmittelbare Vorgesetzte sämtlicher Beamten und Diener des Landesrates und der Landesregierung ist.

Dem Landeshauptmanne bleiben jene Angelegenheiten zur persönlichen Erledigung vorbehalten, die durch Vollzugsanweisungen des Staatsrates festgesetzt werden.

III. Hauptstück.
Von der Geschäftsbehandlung

§ 25. Die provisorische Landesversammlung hat die zu seinem Wirkungskreise gehörigen Angelegenheiten in Sitzungen zu verhandeln und zu erledigen.

Die Sitzungen werden von dem Landeshauptmanne oder einem seiner Stellvertreter angeordnet, eröffnet und geschlossen.

§ 26. Die Sitzungen sind öffentlich.

Ausnahmsweise kann eine vertrauliche Sitzung gehalten werden, wenn entweder der Vorsitzende oder wenigstens fünf Mitglieder es verlangen und nach Entfernung der Zuhörer die Landesversammlung sich dafür entscheidet.

§ 27. Die einzelnen Beratungsgegenstände gelangen vor den Landtag:
a) entweder als Regierungsvorlagen durch den Landeshauptmann, oder
b) als Vorlagen des Landesrates oder eines besonderen durch die Wahl aus der Landesversammlung gebildeten Ausschusses, oder
c) durch Anträge einzelner Mitglieder.

Anträge über Gegenstände, welche außerhalb des Geschäftskreises der Landesversammlung liegen, sind durch den Landeshauptmann von der Beratung auszuschließen.

§ 28. Der Landeshauptmann bestimmt die Reihenfolge der zu verhandelnden Gegenstände. Die an den Landtag gelangenden Regierungsvorlagen sind vor allen anderen Beratungsgegenständen in Verhandlung zu nehmen und zu erledigen.

§ 29. Wenn die Absendung von Mitgliedern der Regierungsbehörden wegen Erteilung von Auskünften und Aufklärungen bei einzelnen Verhandlungen notwendig oder wünschenswert erscheint, hat der Landeshauptmann die erforderlichen Weisungen zu treffen.

siehe hierzu auch das Gesetz, betreffend die an den Regierungs-Vertreter im Landtage gerichteten Interpellationen vom 2. Februar 1877 (LGVBl. 6/1877).

§ 30. Zur Beschlußfähigkeit der Landesversammlung ist die Anwesenheit von mindestens 30 Abgeordneten und zur Gültigkeit eines Beschlusses die absolute Stimmenmehrheit der Anwesenden erforderlich.

Bei Stimmengleichheit ist der in die Beratung gezogene Antrag als abgelehnt anzusehen.

Jeder auf eine Änderung der Landesordnung abzielende Antrag ist unbedingt der Vorberatung durch einen Ausschuß zu unterziehen und es ist zur Beschlußfassung die Anwesenheit von mindestens 40 Mitgliedern und die Zustimmung von mindestens 30 Mitgliedern der Landesversammlung erforderlich.

§ 31. Die Stimmgebung findet in der Regel durch Aufstehen und Sitzenbleiben statt.

Wahlen oder Besetzungen werden durch Stimmzettel vorgenommen.

§ 32. Zur Gültigkeit eines Beschlusses des Landesrates ist die Anwesenheit von wenigstens sieben Mitgliedern des Landesrates erforderlich, unter denen sich der Landeshauptmann oder einer seiner Stellvertreter befinden muß.

§ 33. Die näheren Vorschriften über die Geschäftsgebarung der Landesversammlung werden durch eine von dieser zu genehmigenden Geschäftsordnung für die Landesversammlung getroffen. Die Geschäftsgebarung des Landesrates ist durch eine von diesem zu erlassende, der Landesversammlung vorzulegende Geschäftsordnung für den Landesrat zu regeln.

Durch Gesetz vom 13. März 1919 wurde der § 3 faktisch durch folgende Bestimmungen ergänzt:
"Artikel IV. Die für die provisorische Landesversammlung bisher in Geltung gestandene Geschäftsordnung gilt solange für den Landtag, bis dieser eine eigene Geschäftsordnung beschlossen hat."
 

Die vorstehende (erste steirische republikanische) Landesordnung schloss sich direkt der Landesordnung von 1861 an, die nach Auffassung der Steiermark mit dem Neubildung des Landes auf dem Gebiet des ehemaligen Herzogtums Steiermark, gegenstandslos geworden war. Teils sind die Paragrafen wortwörtlich übernommen worden und nur die gegenstandslos gewordenen Bestimmungen wurden weggelassen oder zeitgemäß richtig gestellt.

Interessant ist, dass vorstehende Landesordnung erst am 12. Mai 1919 kundgemacht wurde, aber bereits am 6. Dezember 1918 beschlossen und in Kraft getreten ist.

 


Quellen: Landesgesetz- und Verordnungsblatt für das Land Steiermark Jahrgang 1919 Nr. 50, Seite 157
© 13. September 2013 - 14. September 2013


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